Wenn sich ein guter Freund plötzlich umdreht und dir mit voller Wucht eine runterhaut, fühlt man sich wie Kanzler Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum 60-Milliarden-Klimafonds der Ampel-Regierung.
Nicht, dass die beiden Verfassungsorgane Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht «befreundet» wären. Auch wenn man sich hin und wieder in geselliger Runde zum Essen trifft (Weltwoche berichtete), pocht das Gericht in Karlsruhe doch auf seine Unabhängigkeit und hat nach Informationen des Autors dieser Zeilen auch bei der jüngsten Zusammenkunft vor einigen Wochen in Karlsruhe über die jetzige Klatsche keinerlei Vorwarnung gegeben.
Und doch hatten Ampel-Politiker in den letzten Tagen kritisch nachfragende Journalisten in vertraulicher Runde immer wieder beschwichtigt, dass die Terminierung des Urteilsspruchs im Grunde schon ein Zeichen sei, weil es ja ziemlich undenkbar sei, dass Karlsruhe so kurz vor den abschliessenden Etatberatungen den kompletten Haushalt zerschiesst. Motto: Die werden doch nicht etwa …
Doch.
Mit dem Richterspruch fliegt der Ampel-Regierung der Etat des kommenden Jahres und auch die mittelfristige Finanzplanung in einem Masse um die Ohren, wie es das in der deutschen Politik lange nicht mehr gegeben hat. 60 Milliarden Euro, die als Notstandshilfe für die Corona-Pandemie gedacht waren, hatten die Ampel-Männer freihändig eben mal umgewidmet zu einem fetten Topf für «Klima und Transformation». Die Unionsfraktion hatte dagegen geklagt und feiert nun zu Recht Triumphe.
Denn die 60 Milliarden im eigentlichen Sinne gibt es gar nicht. Es sind Kredit-Ermächtigungen, die die Schuldenbremse im Grundgesetz (Art. 109 Abs. 3) ausdrücklich nur in nationalen Notsituationen vorsieht. Wenn die Not vorbei ist, erlischt auch die Sondergenehmigung für die Schulden. Eigentlich in Buchstaben und Geist ganz einfach zu verstehen. Wenn sich jemand in Krisenzeiten grosszügig Geld borgt, darf es später nicht für anderes verfrühstückt werden. Ein Häuslebauer, der sich vom Baudarlehen einen Ferrari kauft, bekommt es auch mit der Bank zu tun.
Durch das Urteil bricht der Ampel-Regierung nun gewissermassen der finanzpolitische Dachstuhl ein, weil die 60 Milliarden längst fröhlich verplant waren. 15 Milliarden sollten als Subvention für die Ansiedlung ausländischer Chipfabriken in Ostdeutschland draufgehen, weitere Milliardensummen waren für die Sanierung von Gebäuden und die Förderung der Modernisierung von Heizungen gedacht. Gelder, die man nicht so ohne weiteres nun aus anderen Etattiteln herausschneiden kann. 60 Milliarden liegen halt auch im reichen Deutschland nicht mal eben so rum.
Jenseits der fiskalpolitischen Klatsche ist das Urteil aber auch eine Art politische Bankrotterklärung der Ampel insgesamt, die nun schon zum zweiten Mal vom Verfassungsgericht brutal ins willkürliche Regierungsgewurschtel gegrätscht bekam. Kurz vor der Sommerpause hatte Karlsruhe verfügt, dass das umstrittene Heizungsgesetz von Robert Habeck den Abgeordneten nicht einfach auf den letzten Drücker zum Durchwinken vorgelegt werden dürfe, sondern angemessene Zeit zur Beratung garantiert werden müsse. Ernstfall Demokratie statt Durchregieren mit Abnicken.
Mit anderen Worten: Die selbsternannte «Fortschrittskoalition» stümpert handwerklich in der Amateurliga. Und auch für den Links-aussen-Klima-Stürmer Habeck ist es nach dem entkernten Heizungsgesetz nun schon der zweite Abpfiff. «Erfolgreich» Deutschlands Energiebasis durch Abschaltung der Atomkraftwerke geschwächt, doch beim Aufbau neuer Chancen durch Foulspiel gestoppt.
Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.
Ich habe gedacht, Veruntreuung sei ein Straftatbestand.
Die Damen und Herren und sonstigen Transpersonen der Regierung kleben an ihren Ämtern und Pfründen. Es gibt keinen noch so großen Faux pas, der sie verlassen würde, zurück zu treten. In D gehört Inkompetenz und Dilettantismus mittlerweile zum guten Ton. Egal ob bei Behörden oder oder Staatsunternehmen (siehe Deutsche Bahn) überall derselbe Schlendrian. Der Staatsapparat wächst und wächst ohne das es irgendeinen Mehrwert für den Bürger gibt.
Mittlerweile könnte man denken, daß diese „Herrschaften“ alles mit Absicht gemacht haben und das Bundesverfassungsgericht macht denen ,auch mit Absicht, einen Strich durch die Rechnung. So ließe sich wunderbar die Notwendigkeit eines drohenden Lastenausgleiches erklären. Man darf gespannt sein, ob sich diese Vermutung bewahrheitet.