Der Ökonom Klaus Wellershoff rechnete kürzlich vor, dass die EU und die Euro-Zone seit bald einem Vierteljahrhundert schneller wachse als die Schweiz. Seit 1999 habe das reale Volkseinkommen pro Jahr in der Schweiz nur um 0,9 Prozent zugenommen, während es in der Euro-Zone 1,3 Prozent gewesen seien. Damit wollte er suggerieren, dass die Schweiz wirtschaftlich zurückgefallen sei, weil sie nicht Teil der EU sei.
Sein Vergleich hinkt, denn die Schweiz und die EU sind 1999 nicht vom gleichen Niveau aus gestartet. Vergleiche zwischen Volkswirtschaften scheitern zudem oft an der Verwendung der «richtigen» Währung, denn die Wechselkurs-Veränderungen summieren sich über längere Zeit häufig dermassen, dass keine sinnvollen Vergleiche mehr möglich sind. Um dieses Problem zu entschärfen, hat der IWF den sogenannten kaufkraftbereinigten Dollar geschaffen. Ein Vergleich des BIP pro Kopf mithilfe dieser Zahlenreihe des IWF zeigt eine ganz andere «Erfolgsgeschichte» der EU.
Das kaufkraftbereinigte BIP pro Kopf der Schweiz ist seit 1999 zwar tatsächlich «nur» um 29 Prozent angestiegen, während jenes in der EU 51 Prozent zulegte. Aber 1999 stellte sich der Unterschied zwischen dem Pro-Kopf-BIP der EU und jenem der Schweiz auf 16.372 Kaufkraft-Dollar. Heute (2023) sind es 32.300 Kaufkraft-Dollar.
Die Schweiz verzeichnete mit einer absoluten Zunahme des kaufkraftbereinigten BIP pro Kopf um 50.200 auf 89.300 Kaufkraft-Dollar einen wesentlich grösseren Zuwachs als die EU, die es lediglich auf einen Anstieg um 34.400 Kaufkraft-Dollar auf knapp 57.000 Kaufkraft-Dollar brachte. Über die gesamte Zeit hat die Schweiz 64 Prozent mehr erwirtschaftet als die EU.
Es ist leider so: Oft erhält der Chef nur 1 Prozent Lohnerhöhung, aber das kann absolut betrachtet immer noch einiges mehr sein als der Betrag, den ein Normalangestellter mit einer Lohnerhöhung von 3 Prozent erhält. Um die Schweiz mit einem Wachstum von 0,9 Prozent bis 2040 einzuholen, müsste die EU jährlich um fast 4 Prozent wachsen. Wäre dies der Fall, würde die Schweiz dank Exporten aber weit stärker als mit 0,9 Prozent wachsen.
Bleibt noch die Frage, wie viel von diesem BIP letztlich in den Taschen der Bürger landet. Gemeint ist das frei verfügbare Einkommen pro Kopf. Darüber existieren keine verlässlichen Statistiken. Der Abstand zwischen der Schweiz und der EU würde wohl noch grösser ausfallen.
In einem Gastkommentar in der Schweizerischen Handelszeitung vom 3. Mai 2024 verglich Wellershoff die Schweizer despektierlich als «quakende Frösche am Teich», weil sie nicht in der EU mitreden könnten, und er kritisiert die Fundamental-Opposition gewisser politischer Kreise. Immerhin haben diese «Frösche» auch ihm eine Chance gegeben und Wohlstand ermöglicht.
Er war wohl auch noch nie Gast im EU-Parlament, sonst hätte er bemerkt, dass die Abgeordneten nicht geordnet nach Ländern im Saal sitzen, sondern gemäss ihrer Parteizugehörigkeit. Als Land in der Grösse Österreichs würde die Schweiz bei einem EU-Beitritt wohl etwa neun der im Juni zur Wahl anstehenden 720 Sitze erhalten. Diese Schweizer Delegierten würden aber noch lange nicht mit einer Stimme sprechen, weshalb es eine Illusion ist, zu glauben, mit neun Sitzen könnte die Schweiz Einfluss auf die EU nehmen.
Das Gleiche trifft für einen einzigen Sitz im 28-köpfigen Rat der Staats- und Regierungschefs und der EU-Kommission zu. Sollte dann noch das Einstimmigkeitsprinzip abgeschafft werden, weil die Zahl der kleinen EU-Länder weiter zunehmen soll und die Grossen verhindern wollen, dass auch Zwergstaaten ihre (Vor-)Entscheide ausbremsen könnten, denn würde auch noch das Vetorecht abgeschafft. Letztlich geht es der EU um hohe Finanzleistungen des Goldesels «Schweiz», und da würden unsere Vertreter wohl überstimmt.
PS: Wellershoff behauptet im Artikel: 60 Prozent unseres Export- und 50 Prozent unseres Import-Handelsvolumens wickelten wir mit Europa ab. Das muss wohl ein Verschreiber sein. Im ersten Quartal 2024 gingen 58 Prozent der Ausfuhren nach Europa, 53 Prozent in die EU, und aus Europa stammten 72 Prozent der Einfuhren, 70 Prozent aus der EU. Die Schweiz ist gemessen am Handelsdefizit hinter den USA und Grossbritannien der drittgrösste Nettokunde der EU.
Und wie die EU wächst.-- Die Schulden wachsen, die Armut, die Verelendung wächst, Generell wachsen die Probleme und und befürchte, dass wir denen jetzt schon nicht mehr gewachsen sind.
Wellershoff ist, kurz gesagt, einer der zahlreichen selbsternannten Ökonomen, die keinen persönlichen Leistungsausweis haben und - leider - immer wieder eine Plattform für ihre abstrusen volkswirtschaftlichen „Weisheiten“ bekommen. Als unverbesserlicher EU-Turbo scheint er dies bei den gleichgesinnten Journalisten regelmässig bewerkstelligen zu können. Unverständlich für jeden in politischem Sinn einigermassen gesamtheitlich und normal denkenden Menschen.
Ja, liebe Deutsche.In der Schweiz arbeiten wir im Schnitt 2100 Stunden im Jahr. Macht 40,3 Stunden die Woche. Unsere Staatquote beträgt 33%. Seien Sie unser Gast und genissen Sie den Unterschied von A- Z. MfG🇨🇭❤️