Manche Bauern wollen ihre Kritik zum Ausdruck bringen, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einem Solovideo, das klingt, als habe da einer grosses Verständnis für die ungezogenen Kinder. Einige wollten einfach ihrem Ärger Luft verschaffen. «Das ist ja recht.» Aber es seien eben auch einige mit «Umsturzfantasien» unterwegs, es sei in den letzten Jahren etwas «ins Rutschen gekommen, was den legitimen, freien Protest entgrenzt», so Vati Habeck ganz im Sinne der Vorväter: Nichts gegen lange Haare, aber gepflegt müssen sie sein …

Sage niemand, Habeck habe kein Verständnis fürs Volk, das sich ja auch mal austoben muss. Wir waren ja alle mal jung.

Was die Bundesregierung derzeit mit den Landwirten abzieht, ist an Abgehobenheit und Herablassung kaum zu überbieten. Zehntausende Traktoren sind auf den Strassen, Hunderttausende friedliche Bauern, und die Bundesinnenministerin zieht Parallelen zum Terrormord am hessischen CDU-Politiker Walter Lübcke. Vor Hetze wird gewarnt und vor Unterwanderung durch Rechtsextreme … Alles liegt näher als der offenbar irre Gedanke, dass es Gründe haben könnte, wenn so viel Bauern auf der Zinne und noch mehr Bürger solidarisch sind.

Schwierigkeiten mit der Demokratie? Ganz offensichtlich.

Was hier zu Tage tritt, ist die tiefsitzende Unfähigkeit, mit Kritik umzugehen. Und damit der störrische Landmann auch gleich gezeigt bekommt, wo der Regenten-Hammer hängt, wird am selben Tag der grossen Bauernproteste die minimal entschärfte Mehrbelastung durch teureren Agrardiesel durch Kabinett gepeitscht.

Motto: Eure Meinung geht uns am allerwertesten Agrardiesel vorbei!

Merke: Wo Missionare einer besseren Welt unterwegs sind, kann man auf den betroffenen Pöbel, das «Volk, den grossen Lümmel» (Heinrich Heine) keine Rücksicht nehmen.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.