Am 30. März 2023 geschah im Nationalratssaal der Republik Österreich, was am 15. Juni auf die Schweiz zukommt: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, wandte sich in einer Video-Botschaft an das Parlament.

Österreich ist wie die Schweiz neutral. Auch dort gab es im Vorfeld der Rede hitzige Diskussionen darüber, ob diese zulässig sei. Die Österreicher betteten die Liveübertragung ebenfalls ausserhalb der ordentlichen Traktanden ein. Und während dort die FPÖ geschlossen den Saal verliess, wollen das in der Schweiz die Mitglieder der SVP-Fraktion tun.

Verpassen dürften sie nicht viel, wie das Beispiel Österreich zeigt. Es ist aufgrund der praktisch identischen Ausgangslage anzunehmen, dass Selenskyj in Bern eine ähnliche Ansprache halten wird.

In seiner rund zehnminütigen Rede bedankte sich der ukrainische Präsident für die Hilfe für sein Land, vor allem aber bat um mehr davon. Er sprach von den zivilen Opfern des Kriegs und zeigte sich überzeugt, dass die Ukraine siegen werde.

Auch auf die Neutralität kam Selenskyj zu sprechen. Seine Aussage: Ein Land dürfe «moralisch nicht neutral gegenüber dem Bösen» sein. Damit forderte er Österreich unverblümt auf, die Neutralität aufzugeben.

Beim österreichischen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) rannte er damit offene Türen ein. Dieser erfand die Neutralität kurzerhand neu, indem er erklärte, sie gelte nur militärisch, «aber nicht politisch».

Nach der kurzen Rede bekundeten mehrere Parlamentarier am Rednerpult ihre Solidarität mit der Ukraine und kritisierten die FPÖ für ihr Fernbleiben.

Am 15. Juni dürfte sich im Bundeshaus mehr oder weniger eine Neuauflage dieses Geschehens abspielen.