Bei Angriffskriegen dürfe es keine Toleranz geben. Aber um Frieden zu erzielen, müsse man den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine «in all seinen Aspekten» darstellen.

Das sagt der Philosoph Richard David Precht im Interview mit den Zeitungen des Verlags CH Media.

Der Krieg werde «eindimensional als russische Aggression» betrachtet. Dabei gebe es «ein ganzes Bündel von Gründen», die dazu geführt hätten. Ihn störe ihn der Debatte, «dass man sich für einen entscheiden soll», so Precht.

Putin gehe es kaum um Landgewinne, und er habe nicht vor, den Westen anzugreifen, um diesen russisch zu machen. Das sei «eine völlig absurde Vorstellung».

Wenig hält Precht von der oft gehörten Aussage, dass die Ukraine unsere Werte wie Demokratie und Liberalismus verteidige. Das sei «komplett bizarr», da die Ukraine «alles andere als eine lupenreine Demokratie ist».

Auch wenn der Westen weiter militärische Unterstützung biete, solle man gleichzeitig auf eine Lösung Richtung Frieden hinarbeiten. Dazu müsse aus der Ukraine dauerhaft ein militärisch neutraler Staat geschaffen werden.

Als problematisch für die Gesellschaft bezeichnet Richard David Precht, dass man heute aus der Debatte ausgeschlossen werde, wenn man nicht dem Mainstream folge.

Bei der Meinungsbildung lasse man sich nicht mehr von den eigenen Überzeugungen leiten, sondern frage sich, ob diese konform sei. Das sei «eine grosse Gefahr für die Demokratie».