Meine provisorische Steuerrechnung flattert heute ins Haus, ein alljährlicher Moment des Frusts. Aber man tröstet sich mit dem Gedanken, in einer Gesellschaft mit gemeinsamen Aufgaben zu leben. Richtig unangenehm wird es, wenn einem genau dann klar wird, wie verantwortungslos der Empfänger mit diesem Geld umgeht. Auch die Gleichgültigkeit, mit der die Bevölkerung es hinnimmt, irritiert – zumal sämtliche Medien die Thematik aufgegriffen haben. Ich kann es mir nur damit erklären, dass viele die Bedeutung nicht verstehen. Nun, über Podcasts weiss ich zufällig ein, zwei Dinge.

Genau an diesen hat der Bund also Gefallen gefunden. Die Hörerzahlen sind unterirdisch, die Kosten astronomisch. Wie die NZZ am Sonntag berichtet, haben mehrere Bundesstellen in den vergangenen Jahren dafür rund eine Million Franken ausgegeben – oft an externe Produktionsbüros. Nur ein Ausschnitt: Der Kultur-Podcast kostet 53.000 Franken für zehn Folgen, von denen eine zwischen Mai und Dezember 2024 zwanzig Menschen hörten. Ein Gesundheits-Podcast (inzwischen eingestellt) verschlang 210.000 Franken. Das Aussendepartement gönnt sich ein Format für 300.000 Franken, mit durchschnittlich 300 Hörern. Ganz offensichtlich betreibt man die Podis vor allem für sich selbst.

Einen Podcast auf die Beine stellen ist so einfach, dass meine 93-jährige Tante Marilie es hinbekäme.

Einen Podcast auf die Beine stellen ist so einfach, dass meine 93-jährige Tante Marilie es hinbekäme, und so ziemlich das günstigste Medienprojekt – doch der Bund schafft es, ihn so teuer zu machen wie einen Werbespot für Mercedes. Vielleicht dauern Konzeptionsphasen in Bern ja ein Jahr, man hat einen gläsernen Tempel für die Aufnahmen gebaut, und die beherzten Podi-Teilnehmer mussten erst noch fünfwöchige Coachings bei externen Topberatern absolvieren (gefolgt von einer Woche Retraite im Kurhotel, um den perfekten Einstiegssatz zu erarbeiten).

In der realen Welt läuft es so: Ohne Zuhörer und ohne Ahnung, ob es je mehr als drei werden, startet man mit zwei Mikrofonen, zwei Kopfhörern, zwei Wolldecken zwecks Schalldämpfung an den Wänden (ein Raum lässt sich in Bern wohl finden), einem Computer (dito) und einer Gratis-Software für den Schnitt. Gesamtkosten: etwa 300 Franken. Sehr vielen Podcastern hat dieses Setup gereicht, um sich auf regelmässige 30.000 Hörer hochzuarbeiten. In der realen Welt schafft man erst Interesse und Nachfrage, bevor man exorbitante Summen investiert. Du kannst mit zwölf Hörern nicht gleich teuer produzieren wie Joe Rogan (vor seinem Spotify-Deal) mit Millionen! Der hat im Übrigen auch klein angefangen mit zwei Mikrofonen in seinem Haus. Als positives Beispiel nennt die NZZ den Schweizer-Armee-Podcast mit 5400 Hörern pro Folge. Bravo! So viele Zuschauer hat ein durchschnittlicher dreizehnjähriger «Fortnite»-Streamer mit einem Mikrofon, das ihm seine Eltern zu Weihnachten geschenkt haben. Auch 5400 Hörer rechtfertigen keine Kosten über 300 Franken.

Nicht missverstehen: Jeder kann mit seinem eigenen Geld anstellen, was er will. Wenn jemand auf seinem Nischenkanal Legosteine blau anmalt und fünfzehn begeisterte Follower hat, super! Es ist mir auch egal, wenn der Google-CEO ein diamantenes Mikrofon braucht. Ich verstehe auch, dass Podcasts en vogue sind und spannender als die tägliche Büroarbeit – wir alle wollen unseren moment of fame. Wenn mir jedoch für meinen immer noch kleinen Youtube-Kanal, der trotzdem zehnmal mehr Zuhörer hat als alle Bundes-Podis zusammen, das Geld für ein eigenes Studio fehlt, weil ich dem Bund eines aus Gold finanzieren muss für Podcasts, die ausser den Mamis der Angestellten keiner hören will, ist das ein Treuebruch gegenüber dem Steuerzahler. Wer das Geld anderer dermassen verschleudert, dem ist offenbar – Pardon! – scheissegal, woher es kommt.

 

Wir sollten mal über eine Halbierungsinitiative beim Bund nachdenken. Denn die ganze Podcast-Übung lässt nur einen Schluss zu: Viele der nichtessenziellen Ausgaben könnten ohne merkliche Einschränkungen fürs Volk gekürzt werden. Dass der Staat nur erfolgreiche Investitionen tätigt, kann man nicht erwarten. Was man als Steuerzahler jedoch erwarten kann, ist ein Minimum an unternehmerischem Denken und Verantwortungsgefühl für öffentliche Gelder. Wenn das fehlt, müssen wir am System etwas ändern. Ich wäre für ein Doge, Elon Musk lässt grüssen.

 

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