Ryan Gosling ist schwer enttäuscht darüber, dass seine Kolleginnen Margot Robbie und Greta Gerwig keine Oscar-Nominierungen für ihre Leistungen in «Barbie» erhalten haben, und darüber informierte der Frauenunterstützer die Welt. «Zu sagen, dass ich enttäuscht bin, dass sie nicht in ihren jeweiligen Kategorien nominiert wurden, wäre eine Untertreibung», schrieb Gosling in einer Erklärung laut The Independent. Er spielt in dem Streifen Ken. «Es gibt keinen Ken ohne Barbie, und es gibt keinen ‹Barbie›-Film ohne Greta Gerwig und Margot Robbie, die beiden Hauptverantwortlichen für diesen geschichtsträchtigen und weltweit gefeierten Film.» Die beiden hätten hart für den Film gearbeitet. Hach! Und das heisst, dass alle anderen nicht hart arbeiten, besonders die Männer? Ist das nicht das Fazit nach goslingscher Auslegung?

Männer, die öffentlich mit ihrer Unterstützung für Frauen prahlen, sind mir suspekt. Kennen Sie die Sorte Herren, die sich vor aller Welt rühmen, der Frau bei der Hausarbeit zu helfen: «Ich habe gestern den ganzen Tag die Kinder gehütet, ich bin für meine Frau eingesprungen.» Toll. Willst du jetzt einen Pokal?

Mir ist schon klar, diese Männer meinen es gut. Tausend Dank! Ich bin beeindruckt. Sie wollen «feministisch» handeln, oder besser gesagt, sie wollen zeigen, dass sie feministisch handeln. Um Frauen zu demonstrieren, dass sie auf ihrer Seite sind, äussern sie sich oft – vor allem an Orten, wo andere es mitbekommen, wie Ryan Gosling, der extra einen Text verfasst, der dann rasch den Medien vorliegt. Oder sie zeigen sich auf X (vormals Twitter) entrüstet, wenn andere Männer sich moralisch nicht einwandfrei verhalten. Zerknirscht prangern sie an, dass sie als Männer Privilegien haben. Sie lassen alle wissen, dass sie von jetzt an gendern werden (das haben zwei deutsche Chefredaktoren mal bekanntgegeben), oder verkünden Dinge wie: «Wir brauchen mehr Frauen in der Politik!» «Ich war am Weltfrauentag!» Es ist wirklich wunderbar. Diese Männer wissen immer die richtigen Dinge zu sagen, um das Vertrauen der Damen zu gewinnen.

Mir ist schon klar, diese Männer meinen es gut. Tausend Dank! Ich bin beeindruckt.

Das soll selbstverständlich nicht heissen, dass alle männlichen Feministen unaufrichtig sind, nicht meinen, was sie sagen. Hier geht es um jene, die ihren Einsatz als Retter der Frauen wie ein Abzeichen vor sich hertragen. Meine Meinung: Sei unterstützend, stehe für Geschlechtergerechtigkeit ein, spende ans Frauenhaus. Tu’s einfach, ohne es an die grosse Glocke zu hängen.

Dass bei den Oscar-Nominationen eine Art Verschwörung gegen Frauen stattgefunden hätte, kann man nicht sagen. Schliesslich wurden viele Ladys allein bei «Barbie» berücksichtigt; America Ferrera (beste Nebendarstellerin), Sarah Greenwood und Katie Spencer (bestes Szenenbild), Jacqueline Durran (beste Kostüme) und Greta Gerwig, zwar nicht für die Regie, aber für das beste adaptierte Drehbuch. (Bei den Nominierungen werden übrigens, anders als bei den Oscars, die Künstler von ihren Kollegen vorgeschlagen, zum Beispiel Drehbuchautoren von Drehbuchautoren, Schauspieler von Schauspielern. Ich fand «Barbie» unterhaltsam und gut umgesetzt im Vergleich zu anderen Oscar-verdächtigen Filmen und Schauspielleistungen, wie etwa «Killers of the Flower Moon», aber künstlerisch überbewertet.)

Aber offenbar sind das noch immer zu wenig Frauen. Seit man den Diversitäts- und Inklusionsforderungen auch im Bereich der Kunst nachgegeben hat, wurde die Erwartungshaltung sogar unter den verwöhnten Hollywoodstars zur Routine. Solange nicht jede Frau für einen Oscar vorgeschlagen wird oder das Männchen gewinnt, sind sie nicht zufrieden. Dann will ich aber auch einen! Könnte mich der geschätzte Arthur Cohn bitte mal nominieren?

Gleichzeitig werden die Einwände bedeutungslos, wenn man sie bei jeder Gelegenheit – und ohne Not – wiederholt. Nächstes Jahr wird man genau dasselbe sagen. Ein bisschen wie die Oscars selbst, die einst spektakuläre Show hat in den vergangenen Jahren drastisch an Zuschauern und Bedeutung verloren. Interesse weckt sie heute vor allem, wenn ein Ricky Gervais in seiner Rede die anwesenden Promis in die Pfanne haut oder ein Promi den anderen auf der Bühne ohrfeigt.

Aber jetzt habe ich den Faden verloren. Ach ja, Ryan Gosling. Ich dachte mal, der wäre cool.

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