Corona – Eine Krise der Frauen», Frauen seien besonders hart getroffen worden, schreibt UN Women auf ihrer Website. «Corona ist weiblich», stellen auch Medien fest. Nachweislich erkranken Männer öfter und schwerer als Frauen, sie sterben auch häufiger an Covid-19.

«Frauen sind vom Klimawandel besonders betroffen», titeln Hilfsorganisationen und ergänzen dann kleingedruckt im Text, «wobei die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen gemeint ist, nicht das biologische Geschlecht». Es sind regionale und soziale Faktoren, die Menschen für den Klimawandel anfällig machen, das Wort «Frauen» im Titel behauptet etwas anderes.

Frauen seien vom Krieg in der Ukraine «überproportional betroffen», sagte Aussenministerin Annalena Baerbock laut Welt online. Die meisten Geflüchteten des Ukraine-Kriegs sind gemäss Berichten Frauen, die Männer müssen dort ausharren und kämpfen, und auch wenn es keine genauen Zahlen gibt, sind die Todesopfer in grosser Mehrheit männlich. Auch Hillary Clinton hatte gesagt: Frauen seien die Hauptleidtragenden des Kriegs, denn sie würden ihre Ehemänner, Väter und Söhne in der Schlacht verlieren. «Wie konnte sie übersehen, dass der eigene Tod für diese Männer ein noch einschneidenderes Erlebnis war als für deren Frauen, Mütter und Töchter?», wundert sich Autor Tilman Weigel in einem Artikel bei Heise.de. «Und wie kann unsere Aussenministerin das Leid der Männer in der Ukraine übersehen?»

Eine gute Frage. Gewiss erleben Frauen im Krieg unerträgliches Leid, zudem müssen sie auch die Bürde der indirekten Kriegsfolgen stemmen. Das Klima hat schlimme Auswirkungen auf Frauen, aufgrund körperlicher Leistungsfähigkeit gestaltet sich die Flucht aus Katastrophengebieten für sie schwieriger. Die Pandemie hat zweifellos negative Konsequenzen für sie; wegen erhöhter Kinderbetreuung konnten sie weniger arbeiten und waren von Einkommensverlusten betroffen.

Aber ist ein Menschenleben nicht der grösste Verlust überhaupt? Ist der Tod nicht ein verheerenderes Ereignis als weniger Geld verdienen? Es scheint, als beanspruche man bestimmte Schwierigkeiten für sich – aber warum? Und warum werden die Probleme von Frauen stets überbetont und jene der Männer häufig als unbedeutend abqualifiziert?

Welch ein Luxus, mögen jetzt einige denken, über Probleme von Männern derart viele Worte zu verschwenden. Diese letzten Ruinen des Patriarchats, die brauchen bestimmt kein Mitgefühl. Na ja, ich beneide ja Menschen, die Schwierigkeiten nur in die eine Richtung sehen, das macht das Leben gewiss einfacher, aber die Veranlagung dafür haben eben nicht alle.

Das Phänomen hat laut Wissenschaftlern einen Namen: Gender Empathie Gap, ich habe zuerst bei Heise.de davon gelesen. Menschen wird aufgrund ihres Geschlechtes weniger Empathie entgegengebracht als Menschen anderer Geschlechter. Das führt dazu, dass Benachteiligungen von Männern – wie der überproportionale Anteil an tödlichen Arbeitsunfällen oder Suiziden – gesellschaftlich nicht gleich beachtet werden wie jene der Frauen. Eine Studie von 1983 hat ergeben, dass Frauen schneller reagieren, wenn das weinende Baby ein Mädchen ist, als wenn ein Junge weint. Laut einer psychologischen Untersuchung tendieren Menschen dazu, Frauen positivere Eigenschaften zuzuschreiben als Männern. In einem Beitrag von ABC News mussten Schauspieler im Park mit verbaler und physischer Gewalt auf den Partner losgehen. Attackierte der Mann die Frau, mischten sich die Passanten ein. War die Frau Aggressor, liefen fast alle unbekümmert weiter. Später gaben sie an: Weil die Frau angegriffen habe, hätten sie ihn als «schuldig» wahrgenommen, er habe es wohl verdient und brauche kein Mitgefühl. Laut den Forschern empfinden vor allem Frauen Männern gegenüber deutlich weniger Mitgefühl als anderen Frauen gegenüber, aber auch Männer nehmen an ihrem Leid oft mehr teil.

Oha, da haben wir ja einen handfesten weiblichen Vorteil, denn erhöhtes Mitgefühl für eine spezifische Gruppe intensiviert die mediale Berichterstattung, was wiederum die Politik auf den Plan treten und entsprechende Massnahmenpakete für die nächsten tausend Jahre ausarbeiten lässt – und ja, mir ist klar, dieser Text ist nicht prädestiniert, um als feministisches Heldenmanifest in die Geschichte einzugehen.

Eine Erklärung für die Empathielücke könnte sein, dass die Biologie den weiblichen Mitgefühl-Instinkt fürs eigene Geschlecht ausgeprägter entwickelt hat, weil es für uns mit Schwangerschaft & Co. ein viel aufwendigerer Akt ist, das Überleben der menschlichen Spezies zu sichern. Vielleicht haben sich manche Geschlechtsgenossinnen allzu sehr auf das böse Patriarchat spezialisiert, sodass sie nur jene Männer sehen, die tatsächlich privilegiert sind, und die Schwierigkeiten aller anderen für sie unsichtbar bleiben. Oder aber es liegt daran, dass Frauen sich aufgrund ähnlicher Erfahrungen eher mit den Problemen ihrer Schwestern identifizieren und darum mehr mitfühlen können – auch wenn sie daraus manchmal falsche Folgerungen ableiten.

Reflexhafte «Frauen sind mehr betroffen»-Bekundungen taugen jedenfalls zur Überwindung von Geschlechtergräben so gut wie Marmelade zur Wespenabschreckung.

 

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