Dieser Text erschien zuerst auf dem Onlineportal Achgut.com.

Nicht immer waren die Sozialdemokraten «vaterlandslose Gesellen», sondern im Gegenteil ziemlich patriotisch gesinnt. Es waren drei einfache Worte, mit denen sie ihrer nationalen Gesinnung Ausdruck verliehen: alles, für, Deutschland – allerdings jeweils ohne Kommata.

Niemand von ihnen hätte sich vorstellen können, dass ihre Nachfolger nicht einmal hundert Jahre später Menschen zu kriminalisieren versuchen, die diese Worte ebenfalls verwenden. Dass es dazu überhaupt kommen konnte, ist Justiz, Politik und Medien zu verdanken, die geschichtsvergessen sind, für die Quellenprüfung ein Fremdwort ist, die voneinander abschreiben und die nicht an Wahrhaftigkeit interessiert sind.

Eine sozialdemokratische Parole

«Alles für Deutschland» beziehungsweise vollständig «Nichts für uns, alles für Deutschland» war die Parole des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und der Eisernen Front. Auch wenn die Namen auf den ersten Blick vielleicht nicht darauf hindeuten – aber das waren zwei zutiefst sozialdemokratisch geprägte Organisationen der Weimarer Republik.

Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold war ein politischer Wehrverband mit politischen und paramilitärischen Zielen, allerdings anders als die SA oder der kommunistische Rote Frontkämpferbund zum Schutz der Republik. Es war die grösste Massenorganisation der Weimarer Republik, 1924 gegründet von Sozialdemokraten, zwar parteiübergreifend, aber mehr als zirka 90 Prozent der Mitglieder sowie der Vorsitzenden der Gliederungen waren SPD-Mitglieder beziehungsweise -wähler. Die Eiserne Front war ein 1931 gegründetes Bündnis von SPD, Reichsbanner und Gewerkschaften zur Abwehr republikfeindlicher Bestrebungen von Kommunisten, Nationalsozialisten und Monarchisten.

Der (damals bekannte) SPD-Politiker Otto Hörsing, Gründer und langjähriger Bundesvorsitzender des Reichsbanners, schrieb 1931 in einem Brief an den Bundesvorstand des Reichsbanners folgende Worte: «Diese innerorganisatorische Massnahme bedeutet keine Veränderung in der Zielsetzung unseres Bundes. Es bleibt bei unserer alten Parole: Nichts für uns – alles für Deutschland!» Abgedruckt wurde dieser Brief in sozialdemokratischen Zeitungen, zum Beispiel in der Volkswacht (Organ der Sozialdemokratie für das östliche Westfalen und die lippischen Freistaaten) am 17. Dezember 1931 auf Seite 3. Und auch in der Zeitung des Reichsbanners mit dem gleichnamigen Namen Das Reichsbanner in der Ausgabe 52 vom 26. Dezember 1931 (Foto oben). Gleich auf Seite 1 findet sich ein langer Artikel des Reichsbanner-Mitbegründers und Hörsing-Nachfolgers Karl Höltermann (SPD), in den Hörsings Brief eingebettet ist. Er ist überschrieben in Übergrösse und in roter Farbe (ungewöhnlich für die damalige Zeit, da Zeitungstexte üblicherweise in Schwarz gedruckt waren) mit der Parole: «Nichts für uns – alles für Deutschland!» Zum Ende des Artikels schliesst auch Höltermann selbst mit der vorgenannten Parole. Also gleich dreimal dieselbe Parole auf nur einer Zeitungsseite einer SPD-nahen Organisation. Die Publikation Eiserne Front brachte den Artikel Höltermanns ebenfalls in leicht abgeänderter Form mit der gleichen Überschrift und den gleichen Schlussworten.

Unterhalb der Führungsebene war die Parole beim Reichsbanner ebenfalls präsent. Die Zeitung Volkswille (auch ein Organ der SPD) berichtete am 4. Februar 1932 auf Seite 4 von einer Versammlung des Reichsbanners in der Stadt Dülmen: «Mit einem dreifachen ‹Frei heil› und dem Absingen des Bundesliedes wurde die Versammlung um 24 Uhr geschlossen. Hinein ins Kampfjahr 1932 mit der Parole der Eisernen Front. Nichts für uns, alles für Deutschland.»

Zwischenergebnis Nummer eins: Die zeitgenössischen Quellen belegen, dass die Parole «Alles für Deutschland» eine sozialdemokratische war. Von Bedeutung ist dabei, dass die Quellen zeigen, dass die Parole eine solche der Organisationen selbst war. Es waren also nicht einfach nur eigene Worte der Verwender. Dies widerspricht der vielfach aufgestellten Behauptung, es habe sich schon seit Anfang oder Mitte der 1920er Jahre um eine Parole der SA gehandelt. Es gibt nicht den geringsten Anlass, anzunehmen, dass die Sozialdemokraten Hörsing und Höltermann und die SPD beziehungsweise SPD-nahen Organisationen und deren Zeitungen ausgerechnet eine Parole der SA verwendet haben könnten.

Auch eine Parole der Deutschnationalen

Selbstverständlich handelte es sich nicht um eine ausschliesslich sozialdemokratische Parole. Die Deutschnationalen (DNVP) verwendeten sie ebenfalls und plakatierten sie sogar. So liessen sie laut Schilderung des Bochumer Anzeigers vom 3. November 1932 (S. 6) vor den Reichstagswahlen im November 1932 «an den Plakatsäulen folgenden Anschlag anbringen: Liste 5! Nichts für uns! Alles für Deutschland!» Die DNVP sah sich zu dieser Zeit als Gegner der Nationalsozialisten, wenn auch nicht aus republikanischer, sondern monarchistischer Gesinnung. Und auch hier ist ebenfalls nicht anzunehmen, dass sie eine Parole der SA für ihre Wahlwerbung plakatiert haben soll.

Schon früher verwendete der parteilose Reichskanzler Wilhelm Cuno die Worte. Die Bergische Zeitung berichtete am 11. Juni 1923 von einer Rede des Reichskanzlers, die dieser wie folgt beschloss (S. 2): «… Darum bitte ich Sie, den Reichsverband der deutschen Presse, dass wir alle zusammenwirken, alles für Deutschland! (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Die im Saale versammelte Menge sang darauf stehend das Deutschland-Lied». [Ja, ja, die geladene Presse – schon damals ziemlich «regierungshörig».]

Natürlich gehörte auch der von der SPD unterstützte Reichspräsident Hindenburg zu den Verwendern der Parole, die Presse sieht später sogar Hindenburg als deren Urheber. Hindenburgs und Hitlers Konkurrent um das Amt des Reichspräsidenten, Theodor Duesterberg (von DNVP aufgestellt), verwendete sie ebenfalls. Ebenso die Reichswehr. Im Erlass an die Wehrmacht vom 28. Juli 1932 schrieb der damalige Reichswehrminister und spätere Reichskanzler von Schleicher anlässlich des Todes von 69 Seemännern beim Untergang des Segelschulschiffes «Niobe» in der Ostsee: «In tiefer und stolzer Trauer gedenkt die Wehrmacht der Toten der «Niobe». Ihr Opfer weist uns den Weg: Alles für Deutschland!»

Auch eine Parole von Gewerkschaften und Christen

Gewerkschaften und Kirche wollten da augenscheinlich nicht zurückstehen. Der Iserlohner Kreisanzeiger titelte am 22. Juni 1923 auf Seite 1: «Alles für Deutschland! Eine Erklärung der christlichen Gewerkschaften». Und das Niederrheinische Tageblatt zitierte am 4. März 1933 (also schon nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten vom 30. Januar 1933) im Hinblick auf die anstehenden Reichstags- und preussischen Provinziallandtagswahlen am 5. und am 12. März 1933 einen Aufruf des Erzbischofs von Breslau auf Seite 2: «… Darum am kommenden Sonntag: Alles für Deutschland. Alles für Christus! Am 5. und 12. März muss der Sieg unser sein im Kampf für Wahrheit, Recht und Freiheit! Im Zeichen des Kreuzes für Volk und Vaterland!» Wer jetzt vielleicht meint, dies höre sich an wie ein Aufruf zur Wahl der Nationalsozialisten, täuscht sich gewaltig. Der vorhergehende Satz des Aufrufes lautet nämlich: «Unser aller Pflicht ist es, am kommenden Sonntag das Gelöbnis der Treue abzulegen zur Zentrumspartei, der Partei der Ordnung und Gerechtigkeit …» [Anmerkung: Das Zentrum war die Partei der deutschen Katholiken.]

Zwischenergebnis Nummer zwei: Die Parole «Alles für Deutschland» gehörte augenscheinlich zum damaligen allgemeinen Sprachgebrauch und drückte für die meisten Zeitgenossen unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung eine Selbstverständlichkeit aus. Sie wurde sogar dezidiert anti-nationalsozialistisch gebraucht.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten machten diese sich die Parole zu eigen. Auch sie dünkten sich schliesslich als Patrioten. Ob Hitler, Rudolf Hess oder Wilhelm Keitel – sie alle verwendeten die Parole. Genauso wie die niederen Parteigenossen. Nur beispielhaft sei auf folgenden Bericht der Dortmunder Zeitung vom 25. März 1933 über die Stadtverordnetenversammlung in Soest verwiesen (S. 11): «Zum Abschluss gab Stadtverordneter Zurwehne eine Erklärung der Nationalsozialisten ab, dass sie nur nach dem Grundsatz ‹Gemeinnutz vor Eigennutz, nichts für uns, alles für Deutschland!› handeln würden.»

«Gemeinnutz vor Eigennutz»

Exkurs: «Gemeinnutz vor Eigennutz» ist eine auf Adolf-Hitler-Medaillen und auf normalen Reichsmark-Münzen geprägte Losung der NSDAP und deren zentrale politische Forderung, die noch heute bei vielen Sozialdemokraten grossen Anklang findet, siehe beispielhaft Ralf Stegner, Achim Jirele – «mein oberstes Gebot» –, SPD Glonn, SPD Bad Honnef – «unsere feste Überzeugung» – bis hin zur Bezirksregierung Münster. SA-Führer Ernst Röhm schrieb in einem Artikel (S. 6, Nr. 8): «Zwei grosse eherne Gesetze stehen in den fünfundzwanzig Thesen des nationalsozialistischen Programms, wenn man dieses auf seinen innersten Wesenskern zurückführen will: Die Überwindung des Eigennutzes durch den Gemeinnutz und die Verwirklichung der wahren Volksgemeinschaft.» Die Verbindung von «Gemeinnutz vor Eigennutz» mit «nichts für uns, alles für Deutschland» macht die gemeinsame antifreiheitliche Grundüberzeugung aller sozialistisch/kollektivistisch Gesinnten (egal ob sozialdemokratisch oder nationalsozialistisch) besonders deutlich und zeigt, wie wenig sich an der Geringachtung liberalen Gedankengutes in Deutschland bis heute geändert hat. Heute sagt man nur lieber Gemeinwohl statt Gemeinnutz.

Mit der Zunahme des Führerkults fand die Parole eine Ergänzung, und es hiess verstärkt: «Alles für Deutschland, alles für den Führer».

Zwischenergebnis Nummer drei: Die Nationalsozialisten haben nach ihrer Machtübernahme die Parole «Alles für Deutschland» für sich nutzbar gemacht. Das ist auch nicht verwunderlich, da sie scharenweise Zulauf erhielten von Sozialdemokraten und Deutschnationalen, die ihre Gesinnung nicht an der Garderobe abgegeben hatten. Nicht auszuschliessen, dass Nationalsozialisten oder eine NS-Organisation die Worte auch schon vor der Machtübernahme verwendet haben. Die Quellenlage dazu ist jedoch unergiebig. Im Gegenteil: Die Quellen lassen eine Verwendung durch deren politische Gegner erkennen.

Nach der Konsolidierung der Macht und infolge der Gleichschaltung der Presse, des Verbots aller Oppositionsparteien und anderer opponierender Organisationen wie des Reichsbanners und der Eisernen Front traten Personen ausserhalb des nationalsozialistischen Lagers nicht mehr als Verwender der Parole in Erscheinung. Das gilt aber auch für alle anderen deutschen Worte. Denn Opposition kam in der Presse nicht mehr zu Wort. Allenfalls noch die Kirchen werden des Öfteren zitiert mit der Parole «Alles für Deutschland, Deutschland für Christus/Gott». Was wiederum belegt, dass die Parole Allgemeingut war. Ein übrigens bei den Nationalsozialisten gar nicht so gerne gesehenes Zitat, stand doch Gott augenscheinlich über allem anderen.

Was hat die SA damit zu tun?

Für die SA selbst ist die Quellenlage äusserst dünn. Es hat wohl SA-Dolche gegeben, in die diese Worte eingraviert worden sind. Ein Kennzeichen der SA werden die Worte durch die Gravuren nicht.

Es gibt eine Quelle, die auf den ersten Blick darauf hindeutet, dass die Parole «Alles für Deutschland» auch von der SA verwendet worden sein könnte. Der SA-Führer Ernst Röhm formuliert in einem Artikel der Zeitschrift Hochschule und Ausland in Heft 6 vom Juni 1934 folgendes «Gesetz» der SA (S. 6): «Gehorsam bis zum Tode dem obersten S.A.-Führer Adolf Hitler! Gut und Blut, Leib und Leben, alles für Deutschland!». [Anmerkung: Ein treffendes Beispiel dafür, dass sich Ergebenheitsadressen nicht zwingend lohnen; nur wenige Tage nach diesem Artikel liess der «oberste Führer» Röhm ermorden.]

Dieses «Gesetz» mag das Selbstverständnis der SA beschreiben. Es besteht aber aus einer sehr viel längeren Wortfolge als eine Parole und ist damit kein Kennzeichen. Zudem lässt sich eine über diesen Textbeitrag in einer unbekannten Zeitschrift hinausgehende Verwendung dieses «Gesetzes» weder früher noch später feststellen; ein (einmaliger) Textbeitrag begründet von vorneherein keinen Wiedererkennungswert. Vor allem aber hat es inhaltlich einen gänzlich anderen Charakter als die übliche Wortfolge «(nichts für uns,) alles für Deutschland». Und erst recht hat sie nichts mit der Formulierung «alles für [Bundesland einsetzen], alles für Deutschland» zu tun.

Zwischenergebnis Nummer vier: Röhm benutzte zwar die Worte «alles für Deutschland» 1934 in einem Textbeitrag für eine Zeitschrift. Aber in einem gänzlichen anderen Zusammenhang als sonst üblich.

Eine SA-spezifische Verwendung lässt sich daraus nicht ableiten.

Anmerkung: Röhm stellt in seinem Artikel klar, dass es der Sozialismus ist, was den Nationalsozialismus ausmacht: «Wir haben keine nationale, sondern eine nationalsozialistische Revolution gemacht, wobei wir besonderes Gewicht auf das Wort ‹sozialistisch› legen. Wo diese Kräfte inzwischen zu ihrem nationalen Denken noch den Sozialismus hinzugelernt haben und praktisch betätigen, mögen sie weiter mit uns marschieren.»

Weil alle voneinander abschreiben

Obwohl die Quellenlage nichts dafür hergibt, dass es sich um eine die SA kennzeichnende Parole gehandelt haben könnte, wird dies immer und immer wieder behauptet. Quellen nennt aber niemand. Man sollte meinen, dass zumindest Wikipedia etwas dazu sagen kann. Doch sie verweist nur auf einen Zeit-Artikel vom 17. Oktober 2017 über AfD-Abgeordnete im Bundestag. Der Zeit-Artikel seinerseits nennt aber keine Quelle.

Andere beziehen sich auf ein Urteil des OLG Hamm vom 1. Januar 2006. Darin heisst es tatsächlich, dass es allgemein bekannt sei, dass es sich um eine Parole der SA gehandelt habe. Aber man muss kein Jurist sein, sondern nur lesen können, um zu erkennen, dass das Gericht nur eine unbelegte Behauptung ohne jede Quelle aufstellt. Insofern ist das Urteil für die Beurteilung schlicht wertlos.

Auch sonst schreiben alle nur ungeprüft voneinander ab. So zum Beispiel der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages; er zitiert das quellenlose OLG Hamm (siehe S. 14). Die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung wusste bis April 2024 auch nichts von dieser Parole und beruft sich seitdem auf den quellenlosen Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags. Und so weiter und so weiter. Die zwangsfinanzierten und die hochsubventionierten Medien schlafen und spekulieren, was wer wann wusste oder nicht wusste. Ohne zu fragen, ob man überhaupt etwas wissen kann, wenn es gar nichts zu wissen gab und gibt.

Wenn die KI weiser ist als Justiz und Medien

Die künstliche Intelligenz (Chat GPT) kennt übrigens auch keine Quelle, ist aber wenigstens ehrlich. Sie antwortet auf die Frage, ob es eine belastbare Quelle für die Verwendung der Parole durch die SA gebe, wie folgt: «Es gibt keine belastbare Quelle, die belegt, dass die SA die Parole ‹Alles für Deutschland› verwendet hat. Es ist möglich, dass diese Parole von anderen Gruppen oder Organisationen verwendet wurde, aber es gibt keine konkreten Hinweise darauf, dass sie von der SA stammt. Es ist wichtig, bei historischen Aussagen und Behauptungen darauf zu achten, dass sie durch verlässliche Quellen belegt sind.» Der letzte Satz sei Justiz, Medien und Politik ans Herz gelegt – wohlwissend, dass man dort nur an der Wahrheit interessiert ist, wenn sie ins eigene ideologische Raster passt.

Zwischenergebnis Nummer fünf: Es gibt – bislang – keine Quelle, die die Parole «Alles für Deutschland» als ein Kennzeichen der SA bestätigen würde. Im Gegenteil: Die Quellenlage spricht dagegen. Selbst wenn in den Tiefen der Archive ein solcher Beleg schlummern sollte: Wenn man ihn erst mühsam ausbuddeln muss, zeigt dies, dass die Parole kein allgemein bekanntes Kennzeichen der SA war, wie es etwa das Hakenkreuz für die Nationalsozialisten war/ist.

Insofern fragt man sich, wie Juristen, Historiker und Journalisten ernsthaft behaupten können, es handele sich um ein allgemein bekanntes Kennzeichen der SA. Sie behaupten dies nur ins Blaue hinein in der Erwartung, dass sich niemand traut, dem zu widersprechen, was doch angeblich allgemein bekannt sein soll.

Ergebnis: Legitim, aber nicht liberal

Die Parole «(Nichts für uns,) Alles für Deutschland» ist ebenso wie die ähnlich kollektivistische Parole «Gemeinnutz vor Eigennutz» sicher keine gute, keine liberale Parole. Aber sie ist legitim. Und von ihr geht keine Gefahr aus – anders als von aktuellen Parolen wie zum Beispiel «From the river to the sea …». Nach Quellenlage war sie keine die SA kennzeichnende Parole. Sondern eine durch und durch deutsche Parole – eine Parole deutscher Illiberalität. Keine Überraschung daher, dass sie gleichermassen von Sozialdemokraten und Nationalsozialisten verwendet wurde. Ungeachtet der Verwendung auch durch Nationalsozialisten haben die Worte aber keinen speziellen nationalsozialistischen Bedeutungsgehalt. Genauso wenig wie die deutsche Nationalhymne. Und sie verhöhnten auch nicht die Opfer wie etwa die Losung «Arbeit macht frei». Wer die Parole «Alles für Deutschland» kriminalisiert, ist geschichtsvergessen und politisch unanständig, der will Sprach- und Denkverbote aufstellen und jegliches Bekenntnis zu Deutschland, selbst ein sozialdemokratisches, diffamieren.

Ansgar Neuhof, Jahrgang 1969, ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlin.