Welche hochgesteckten Ziele hatte doch unser Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) für den einmonatigen Vorsitz der Schweiz im Uno-Sicherheitsrates bekanntgegeben. Er biete die Gelegenheit, die Schweizer Prioritäten in den Fokus zu stellen und dem Rat «Impulse für sein Handeln» zu geben.
Zu diesen Prioritäten gehören gemäss dem Schweizer Aussendepartement (EDA) die Förderung des nachhaltigen Friedens, der Schutz der Zivilbevölkerung, die Stärkung des humanitären Völkerrechts sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheits- und Friedenspolitik.
Und was hat man erreicht? Nichts.
Die Welt ist noch die gleiche wie zuvor. Der Krieg in der Ukraine wütet weiter. Er eskaliert sogar. Im Sudan und in zehn weiteren Kriegsgebieten hält die gegenseitige Schlächterei ebenfalls an. Wo hat die Schweiz nachhaltigen Frieden geschaffen, wo die Zivilbevölkerung geschützt? Wo wurde das humanitäre Völkerrecht vorangetrieben? Wo wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheit- und Friedenspolitik von unseren Uno-Botschaftsleuten gesteuert?
Die Worthülsen des EDA vermögen nicht darüber hinwegzutäuschen, dass es vor allem um eine Profilierung einzelner Schweizer Beamter und des Aussenministers ging. Offensichtlich sind unsere Bundesräte unterbeschäftigt. Sie verschwenden Zeit und Steuergelder für ein persönliches Schaulaufen auf der politischen Weltbühne, als ob es nicht viel wichtigere Probleme in der Schweiz zu bewältigen gäbe.
Aber nicht genug damit. Wenn schon FDP-Bundesrat Cassis auf der Weltbühne tanzen darf, dann wollen sich Mitte-Bundesrätin Amherd und SP-Gesundheitsminister Berset auch ein Stück von diesem Ruhmeskuchen abschneiden.
Die ganze Welt hat auf Bersets Auftritt vom 4. Mai 2023 gewartet. Berset leitete eine offene Debatte zum Thema «Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten». Gemäss Uno-Angaben leben 70 Prozent der Menschen, die unter akutem Hunger leiden, in Konfliktgebieten. 2022 sind gemäss dem US-Vertreter in zwölf bewaffneten Konflikten rund 17.000 Zivilisten getötet worden, 53 Prozent mehr als 2021. Beschlüsse oder Resolutionen wurden keine verabschiedet.
Brav verlasen rund achtzig Ländervertreter ihre Statements mit unzähligen Wiederholungen, aber diskutiert wurde praktisch nicht. Ausnahme waren eine Entgegnung von Wassili Nebensja, dem russischen Uno-Botschafter, gegen Bundespräsident Berset und ein Disput zwischen Indien und Pakistan. Der pakistanische Vertreter warf Indien vor, im Konflikt um Jammu and Kaschmir würde die 900.000-köpfige Besatzungstruppe die Hungerwaffe gegen die Bevölkerung einsetzen.
Die Ausführungen von Berset kamen nicht über das Niveau von Gemeinplätzen und ein paar Nadelstichen gegen Russland hinaus. Entsprechend fiel die Entgegnung des russischen Botschafters aus, der dem Westen ein falsches Spiel vorwarf und die Hungersnöte als eine Folge der westlichen Sanktionen brandmarkte.
Die Bedeutungslosigkeit des Schweizer Auftritts konnte auch durch die Eröffnung der Ausstellung «Digitale Dilemmas» am Uno-Hauptsitz in New York am 22. Mai nicht übertüncht werden. Diese von der Schweiz gemeinsam mit dem IKRK erarbeitete Präsentation soll die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung des humanitären Engagements zeigen. Daten könnten wichtig für den Zugang zur medizinischen Versorgung und zu Nahrungsmitteln sein. Aber gleichzeitig würden solche Daten auch verletzlich machen, weil damit Zivilpersonen zur Zielscheibe werden könnten. Auf diese Weisheiten aus der Schweiz hat die Welt schon lange gewartet!
Am 22. Mai hat dann auch noch Verteidigungsministerin Viola Amherd in New York als dritte Vertretung des Bundesrates eine Ratssitzung zum 75. Jahrestag der Uno-Friedensmissionen geleitet und tags darauf ihr eigenes Porträt auf dem Times Square enthüllt, neben Dutzenden anderer. Beschlüsse wurden ebenfalls keine gefasst. Und weil die Schweiz eine derartige Erfolgsnummer war, darf sie im Oktober 2024 erneut für einen Monat den Vorsitz des Uno-Sicherheitsrates übernehmen.
Cassis ist schlicht überfordert mit seiner Arbeit als BR.
Unsere Politiker leiden schon lange darunter, dass das Volk ihr Chef ist. Da sind Auftritte in solchen internationalen Organisationen eine willkommene Genugtuung.
Wer sich heute einer UN oder auch verwandten „Organisation“ auch nur noch annähert, muss eine wirklich tief gefallene Seele sein. Er wird dafür büssen, auch wenn vielleicht nicht in diesem Leben. Die Naturgesetze sind eindeutig und ewig.