Die Bundesräte lassen sich die Skiabonnemente vom Steuerzahler spendieren. Und sie schanzen sich grosszügige Vorteile bei der Altersvorsorge zu (was die Witwen- und Witwerrente betrifft).
Die Berner Kantonalpolitiker scheinen sich zu sagen: Was die Bundesräte können, beherrschen wir schon lange – und rechnen profane Alltagseinkäufe über das kantonale Spesenkonto ab.
Das Konsumentenschutzmagazin von SRF, «Kassensturz», liefert bemerkenswerte Beispiele.
So rechnete beispielsweise der Regierungspräsident und Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) unter dem Vermerk «Verpflegung» oder «Znüni» ein Bio-Mehrkornbrötli für 95 Rappen ab, eine Banane für 20 Rappen oder ein «Laugenbrezeli mit Butter» für 3.20 Franken.
Auch einen Adventskranz über 183 Franken zu «Repräsentationszwecken» verbuchte Müller über die Spesen.
Gemäss Recherchen des «Kassensturz» kann es nicht am Lohn liegen – der ist mehr als ein Butterbrot: seit Müllers Amtsantritt 2018 über 1,3 Millionen Franken insgesamt. Plus die übliche jährliche Spesenpauschale von 8000 Franken.
Auch Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektor Christoph Ammann (SP) zeigt sich (in eigener Angelegenheit) grosszügig: Laut SRF hält er für unvorhergesehene Gäste eine «Weinreserve» für «Apéros und Geschenke» bereit, wie dem Beleg einer Bestellung von 2020 zu entnehmen ist. Der Magistrat bestellte damals je zwölf Flaschen «Sauvignon Blanc 2018» (à je 23 Franken) sowie «Le Grand Pinot» (à 33.20 Franken).
Und auch bei mehreren Essen mit dem CEO einer Consultingfirma wurde Wein kredenzt. Im Juli 2021 beispielsweise zu einem Wiener Schnitzel à 42 Franken zwei Gläser «Optimo weiss» sowie Rotwein. Gesamtkosten: 141.50 Franken.
Zudem stellte Ammann dem Kanton für den Besuch des Swiss Economic Forum 20 Franken Parkgebühr in Rechnung.
Auch mit Textilien will Ammann die Spesenpauschale offenbar nicht belasten. So reichte er 2019 dem Kanton ein Spesenformular für den Neujahrsempfang des Bundespräsidenten mit einem «Edenhut» und Schal «crème Seide» aus dem «Kostümfundus» des Stadttheaters Bern ein. Betrag für die Leihgebühr: 40 Franken.
Oder seine Wahlfeier im selben Jahr zum Regierungspräsidenten: Hier verrechnete Ammann dem Kanton – trotz Extra-Pauschale für das Präsidialjahr von 6000 Franken – 1988.65 Franken für einen Apéro.
Dass es auch günstiger geht, beweist Ammanns Kollege Pierre Alain Schnegg (SVP): Der Gesundheitsdirektor verrechnete dem Kanton lediglich 42.40 Franken für die Feier seiner Wahl. Erklärung: Der Bernjurassier kaufte die Zutaten für den Apéro im Coop.
Ansonsten gehen aber auch Mitglieder der Volkspartei mit den Spesen «offensiv» um. So traf sich Schnegg etwa für einen «Business-Lunch» mit zwei Politikern und Mitarbeitenden des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Gesamtkosten für den Kanton laut SRF: 627 Franken, inklusive je einer Flasche Champanel und Merlot. In vino veritas!
Während die Politiker selber gegenüber SRF keine Stellung nehmen wollten, betonte der Regierungssprecher Reto Wüthrich, dass alle Auslagen «rechtens» seien: «Es handelt sich bei den abgerechneten Aufwendungen um Auslagen, die in einem Exekutivamt auf Kantonsebene üblich und gerechtfertigt sind.»
Kostenbewusster gehen offenbar die Politikerinnen mit dem Spesenbudget um. Die beiden Regierungsrätinnen Evi Allemann (SP) und Christine Häsler (Grüne) sowie die frühere Finanzdirektorin Beatrice Simon (Mitte) sollen für Essen mit externen Gästen nur wenige Hundert statt Tausende Franken Spesen geltend gemacht haben.
Und die Moral von der Geschichte? Politiker müsste man sein – am besten in Bern.
Philipp Müller habe die 20 Rappen falsch verbucht (seine eigene Ausrede/Entschuldigung). Frage: Wo hätte er denn die 20 Rappen korrekt verbuchen müssen?
Na, ja ist klar. Aber wenn der kleine Angestellte etwas extra abrechnet, das durch die Pauschalspesen schon gedeckt ist, wird das als Diebstahl oder unrechtmässige Bereicherung auf Kosten des Arbeitgebers gewertet und - unter Umständen - mit der sofortigen Entlassung geahndet. Die Pauschalspesen müssen abgeschafft werden! Die sind nämlich dazu da, den ganzen Aufwand um die Individuelle Abrechnung auf beiden Seiten zu vermeiden... Die Verwaltung muss ja auch noch was zu Tun haben...
Eine Banane ist kein Znüni. Bananen enthalten sehr viel Kalium und sind daher wirklich zu empfehlen, wie auch Vollkornbrötchen. Hätte unter "Notfallmedikamente" abgebucht werden sollen. Ironie off. Die Buchung war kein Fehler, sondern zeigt auf - wohl auch in vielen anderen Dingen - welche Gebaren Nehmerkantone an den Tag legen. So sind die Verwaltungskosten in Bern pro Einwohner drei Mal teurer als im Kanton Schwyz. Noch Fragen?