Die Scorpions aus Hannover passen ihren Welthit «Wind of Change» der Kriegslage in der Ukraine an: Diesmal mit dem Wunsch für einen Sieg der Ukraine über Russland.

Künstler sind weder Politiker noch Analytiker, sondern sie folgen Impulsen und Eingebungen, die von Gefühlen gespeist werden. Nur so konnten die Scorpions, die weltweit erfolgreichste deutsche Band, in der Vorahnung des Mauerfalls von 1989 ein Ding raushauen wie «Winds of Change» mit der Zeile «I follow the Moskva down to Gorky Park. Listening to the wind of change». Und dann das Pfeifen im Wind, wie schön.

Ein Friedenssong zum Fall des Eisernen Vorhangs, ein Hoffnungssong.

Allerdings hat sich die Welt seither weitergedreht, hat sich gedreht wie der Wind, aus der alten Gegnerschaft zwischen Ost und West wurde eine neue, derzeit schiesst sich der Westen unter der Führung der USA gemeinsam auf Russland ein, mit Hilfe eines korrupten Staates, der keine Bedenken kennt, den regionalen Konflikt zu einem Weltenbrand eskalieren zu lassen.

Ein Ersatzkrieg ist ausgebrochen, den keiner vorhersehen konnte, aber manche befürchtet hatten: Die Nato hatte sich entschlossen, nach dem Zerfall des Sowjetimperiums auf Schnäppchenjagd zu gehen, während Putin das einstige Riesenreich so gut wie möglich zusammenzuhalten versucht.

Schwierige Gefechtslage für einen Song. Zumal einen Friedenssong.

Mein einstiger Freund Udo «Rock gegen rechts» Lindenberg hat bereits in Interviews Truppenbetreuung für die Ukraine geliefert, jetzt zieht der weit grössere deutsche Act nach. Jetzt ist die Zeile angepasst: «Now listen to my heart – It says Ukrainia, waiting for the wind to change.»

Mit Erfolg: die Neufassung wurde eine Milliarde Mal auf Youtube heruntergeladen.

Dennoch, lieber Klaus Meine, Leadsänger: Wären nicht die Einstellung aller Waffenlieferungen und sofortige Verhandlungen der schnellste Weg zum Frieden?

Und überhaupt: Müssen denn Musikstücke dem Lauf der Geschichte angepasst werden?

Beethoven hat seine «Eroica» nach Napoleons Niederlagen auch nicht umkomponiert. Und wenn schon: könnte man nicht einfach «Ukrainia» durch «The World» ersetzen, denn es sind Menschen in aller Welt, die dort, angesichts des Kriegs in der Ukraine, auf den Wind der Veränderung warten und das Töten lieber heute als morgen beenden möchten.