Es sind harte Zeiten für den Zürcher Tages-Anzeiger, der gerne als «linksliberal» bezeichnet wird. Fast schon am Laufmeter muss die Redaktion Umfrage- oder Studienresultate vermelden, die man dort mit Sicherheit nicht gern publiziert.

So ist inzwischen erwiesen, dass die Schweizer auf die geschlechtsgerechte Sprache pfeifen. Sie haben keine Lust auf Gender-Sterne und Co. Zudem sieht eine Mehrheit kein Problem in Wörtern wie Mohrenkopf oder Zigeuner.

Dann gingen eine Wirtschaftsprofessorin und eine Soziologin in einer Studie der Frage nach, warum es so wenige Frauen in akademischen Spitzenpositionen gibt. Dabei zeigte sich, dass die angeblich vom System unterdrückten Damen zu einem schönen Teil gar keine Lust auf eine solche Karriere haben.

Weisse sollen Rastas tragen dürfen, Blackfacing ist halb so wild, und an der Fasnacht dürfen sich Kinder als Indianer tummeln: Eine Umfrage legte an den Tag, dass die Bevölkerung das Thema «kulturelle Aneignung» nicht wirklich als Problem sieht.

Und schliesslich belegte eine weitere Befragung, dass es in der Schweiz keine Mehrheit für eine Frauenquote oder eine sonstige geschlechtsspezifische Förderung in Unternehmen gibt. Nicht nur die Männer, auch die Frauen sind dagegen.

Das alles steht im krassen Gegensatz zu den Botschaften, welche Tages-Anzeiger, 20 Minuten und die anderen Zeitungen aus dem Verlag unaufhörlich verbreiten: Gendern ist Pflicht, beruflicher Aufstieg ist Frauen und Männern gleich wichtig, und die Frauen wollen nach oben, aber man lässt sie nicht.

Die Ironie liegt darin, dass die erwähnten Umfragen jeweils von Tamedia selbst durchgeführt worden waren. Schon Goethe wusste: «Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.»