Am kommenden Freitag, unmittelbar nach beendeter Wintersession, wird der Bundesrat eine ganz besondere Sitzung abhalten. Es geht dabei um die grundsätzliche Genehmigung eines institutionellen Rahmenvertrags mit der Europäischen Union.

Schon heute kennen wir die wichtigsten Weichenstellungen dieses Abkommens, das die Schweiz auf Gedeih und Verderb an Brüssel ketten wird: Die Schweiz muss künftig in allen Fragen des europäischen Binnenmarktes EU-Recht übernehmen. Falls sie sich weigert, ist die EU zu Strafmassnahmen berechtigt. Anstelle der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kantone wird die EU zum Gesetzgeber, zum eigentlichen Souverän. Bei Streitfällen entscheiden in letzter Instanz die fremden Richter der Gegenseite, nämlich des Gerichtshofs der Europäischen Union. Und schliesslich muss die Schweiz regelmässig hohe Kohäsionszahlungen leisten, also einen einseitigen Marktzugangspreis.

Ich kenne kein einziges Land auf der Welt, das freiwillig einen solchen Kolonialvertrag abgeschlossen hätte. Diese institutionelle Anbindung kommt mir vor, wie wenn die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft beispielsweise gegen Deutschland spielen müsste – wobei die Regeln so aussehen: Deutschland stellt den Schiedsrichter. Deutschland kann während des Spiels die Regeln so ändern, wie es will, sonst gibt’s die rote Karte. Und am Schluss muss die Schweiz die deutsche Mannschaft noch auf unsere Kosten zum Nachtessen einladen.

Diesmal wird der Bundesrat – im Gegensatz zu 2021 – den miserablen Rahmenvertrag unterzeichnen. Und zwar ziemlich sicher mit allen Stimmen gegen jene der beiden SVP-Bundesräte Guy Parmelin und Albert Rösti. Unsere Landesregierung weiss zwar ganz genau, dass es schlechte Verträge sind, die der Schweiz im Prinzip nur Nachteile, der EU dafür nur Vorteile bringen. Aber man traut sich nicht mehr, Brüssel noch einmal vor den Kopf zu stossen.

Bei fast allen Geschäften verzichtet der Bundesrat auf eine Abstimmung und versucht, die Mehrheitsmeinung möglichst im Konsens zu ermitteln. Bei einer Jahrhundertabstimmung, die unser Land in einem nie gekannten Mass an Brüssel anbindet, darf das allerdings nicht passieren.

Ich erwarte von den beiden SVP-Bundesräten, dass sie ausdrücklich die Durchführung einer Abstimmung beantragen. Auch wenn das entsprechende Resultat der Geheimhaltung unterliegt, ist es äusserst wichtig für die Geschichtsbücher. Die kommende Generation hat das Recht, zu erfahren, welcher der sieben Bundesräte in dieser so entscheidenden Frage wie gestimmt hat. Dies wird spätestens in dreissig Jahren der Fall sein, wenn die Bundesratsprotokolle der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Nur durch dieses saubere Abstimmungsvorgehen in der Landesregierung kann eine spätere Legendenbildung unterbunden werden. Es darf nicht sein, dass gewisse Bundesräte später – wenn die Schweiz zusammen mit der EU abgestürzt ist – von sich selber behaupten, sie seien damals gegen den Rahmenvertrag gewesen. Am Freitag, dem 20. Dezember 2024, muss klipp und klar ermittelt werden, wer ja und wer nein gestimmt hat. Denn auch in der EU-Frage gilt die Devise: mitgegangen, mitgefangen.

Thomas Matter ist SVP-Nationalrat und Unternehmer.