Die Wahl eines AfD-Landrats im thüringischen Sonneberg bringt dieser Tage in Deutschland so einiges in Rutschen.

Das reicht von vermeintlich ehernen Grundsätzen der Verfassung bis zu den Grenzen guten Geschmacks. Wenn es etwa die Berliner Verkehrsbetriebe für witzig halten, neben dem Signet für Speiseverbot einen durchgestrichenen AfD-Schriftzug mit dem Satz zu posten: «Danke, dass du den Zug sauber hältst!», dann zeigt das schlicht, dass nicht mal ansatzweise ein Gespür mehr da ist für das Gleichsetzen von Menschen mit Unrat und das Proklamieren AfD-freier Zonen, die düstere historische Anklänge wecken.

Eine besonders verstörende Entgleisung leistete sich dieser Tage die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, indem sie erklärte: Man habe es im thüringischen Sonneberg mit einem Landesverband der AfD zu tun, der klar als rechtsextrem eingestuft werde.

Und weiter wörtlich: «Das heisst natürlich, dass wir beim Thema Demokratieförderung, wenn es um Ausstiegsarbeit geht, wenn es um Schulbildung und politische Bildung geht, diese Institutionen unterstützen. Ein Blick geht da natürlich auf das Demokratiefördergesetz. Ich will hier die wichtige Arbeit vieler kleiner Initiativen hervorheben. Die haben unsere Solidarität verdient. Solidarität muss dann aber auch politische Unterstützung bedeuten.»

Hier lässt der bundesdeutsche Verfassungsstaat, wie wir ihn bisher kannten, unversehens die machtpolitischen Zügel schiessen. Völlig sorglos erzählt hier eine Parteichefin, dass die von ihrer Partei mitgetragene Bundesregierung ein Gesetz macht, mit dem politische Konkurrenz geschwächt werden soll. In einem Atemzug wird das Parteienprivileg (Art. 21 GG: besonderer Schutz, solange sie nicht verboten ist) ebenso abgeräumt wie die Neutralitätspflicht des Staates (Grundsatz der Nichtidentifikation).

Man weiss nicht, ob es Naivität ist, Unkenntnis oder doch machtpolitische Abgebrühtheit, wenn Lang auch noch von «Ausstiegsarbeit» im Umfeld einer konkurrierenden Partei spricht. Ganz unverblümt fördert eine Regierung sich selbst und nutzt den erbeuteten Staat zur Schwächung missliebiger demokratischer Mitbewerbe