Politiker in der Not neigen dazu, ihr eigenes Totenglöcklein zu bimmeln.

Ein Musterbeispiel dafür liefert soeben der britische Premierminister Rishi Sunak. Angesichts schlechter Umfragewerte verabschiedet er sich von den Brexit-Promotoren und führt die Konservativen mit einer Kabinettsumbildung auf den alten Anti-Brexit-Kurs.

Das freut Brüssel, aber kaum eine Mehrheit der Wählerschaft.

So entliess Sunak die im rechten Parteiflügel verankerte Innenministerin, das provokative Lästermaul Suella Braverman, und berief zum neuen Aussenminister David Cameron, der für weite Teile der Bevölkerung als unwählbar gilt: für die EU-Freunde, weil er seinerzeit das Brexit-Referendum anstiess, für die EU-Gegner, weil er den Austritt bekämpfte.

Offenkundig will der Premierminister nichts mehr davon wissen, dass Boris Johnson vor vier Jahren den grössten konservativen Wahlerfolg seit Margaret Thatcher mit seinem Slogan «Get Brexit Done» erzielte. Damit konnte er bis weit in die traditionellen Labour-Wahlbezirke Parlamentssitze erobern.

Das ist nun vorbei, jetzt kämpft Rishi Sunak in den Parlamentswahlen nächstes Jahr um die politische Mitte des Landes, die Labour mit ihrem langweiligen, aber trittsicheren Parteiführer Keir Starmer längst besetzt hält.

Mehr noch: Rishi Sunak wird den Zuzug von Cameron schnell bereuen, wenn er merkt, dass sein Aussenminister durchsetzungskräftiger ist als er selbst. So gesehen hat der sympathische, aber hilflose Sunak in der Not das Richtige getan, um sein eigenes Ende schnell einzuläuten.