Selten waren sich die USA und Europa so einig wie seit Beginn des Ukraine-Krieges. Unverbrüchlich, unzertrennlich beschwören sie Solidarität, Gemeinsamkeiten und Freundschaft.
Da tut es gut daran zu erinnern, wie Amerika Freundschaft definiert. Niemand hat das besser analysiert als Werner Weidenfeld, der unter Kanzler Helmut Kohl zwölf Jahre lang deutsch-amerikanischer Koordinator war.
Der 75-Jährige erklärt: Wenn man mit Amerika einer Meinung sei, sei alles gut. Man sei sich ganz nahe, wie «beste Freunde». «Man hat Angst um seine Rippen, weil die Umarmungen so intensiv sind.»
Wenn man in zweitrangingen Fragen ungleicher Meinung sei, frügen die Amerikaner: Wo bleibt eure Dankbarkeit? «Wir haben die Freiheit und Sicherheit der Deutschen erobert und behalten.»
Aber: Wenn man in einer ernsten Frage eine Meinungsverschiedenheit habe, komme sofort Geheimdienstmaterial auf den Tisch, das Deutschland belaste.
Dann gilt: Entweder der Deutsche macht mit, oder er ist dran.
Konkret: «Die Amerikaner haben ganz klare Vorstellungen», so Weidenfeld. Die deutschen seien diffuser.
Er sagt: «Die Amerikaner haben eine ganz klare Interessenlage, entsprechend wird das umgesetzt.»
Sehr demokratisch sind die Amis nicht gerade.
Die USA sehen sich als unverzichtbares, einzigartiges Ausnahmeland, das über allen anderen steht und daher das Recht besitzt, eine Vorherrschaft über die Welt auszuüben, um diese auf den richtigen Kurs im Sinne der Entscheidung der Geschichte zu bringen und den demokratischen US-Kapitalismus als das ultimative sozioökonomisch-politische System durchzusetzen. Die amerikanische Überlegenheit überragt auch die Gültigkeit des Völkerrechts. Es gibt nur Freunde oder Feinde. Siehe Paul Craig Roberts.
Richtig, Herr Weidenfeld: «Die Amerikaner haben ganz klare Vorstellungen», aber "Die deutschen sind nicht diffuser", sondern haben überhaupt keine Vorstellungen, zumindest nicht von deutschen Interessen.