Beamte, Busfahrer und Bahnfahrer werden beschimpft, bespuckt und beleidigt, Frauen vergewaltigt, Passanten auf offener Strasse abgestochen oder niedergeschossen. Kinder töten Kinder.

Nie war Deutschlands Gesellschaft so gewalttätig.

Die Politik ringt die Hände und tut – nichts.

Aber wehe, es trifft einen der ihren. Da werden die Innenminister der Länder zusammengetrommelt, da werden schärfere Gesetze gefordert, und natürlich ist das grosse Ganze, die Demokratie, in Gefahr.

Das hat einen starken Beigeschmack von Majestätsbeleidigung. Nur dass Abgeordnete nicht von Gottes, sondern von Wählers Gnaden ihr Amt ausüben.

Es ist kein Zufall, dass sich Angriffe in Wahlkampfzeiten häufen. Das sind jene Wochen zwischen zwei Legislaturperioden, in denen die Politik herabsteigt aus dem Raumschiff und sich notgedrungen unters gemeine Volk mischt.

Und plötzlich am eigenen Leib verspürt, wie verroht die Sitten sind.

Wohlgemerkt, es gibt keine Entschuldigung für Attacken auf Politiker. Aber eben auch nicht auf Bürger.