Unternehmen kaufen nur dann Waren und Dienstleistungen ein, wenn sie die Zukunft optimistisch einschätzen. Die Lagerhaltung von eingekaufter Ware, die liegen bleibt, kostet und bindet viel Geld. Die Einkäufer kümmern sich deshalb ebenso intensiv um die Marktlage wie die Verkaufsabteilungen. Es macht deshalb Sinn, diese zu befragen, wie sie die Welt in den nächsten Monaten beurteilen.

Aus den Befragungsergebnissen haben Einkaufsmanager-Vereinigungen in vielen Ländern Indizes konstruiert, um auf einfache Art ihre faktenunterlegten und gefühlsmässigen Prognosen darzustellen. Heute existieren solche Einkaufsmanager-Indizes für über sechzig Länder.

Die Standardisierung und Publikation von über vierzig dieser PMIs («Purchasing Manager Index») erfolgt durch S&P Global, der weltbekannten Rating- und Finanz-research-Agentur. Noch nicht an diese US-Firma angedockt sind die Schweiz und ein paar andere Länder.

In den USA und in China werden mehrere Umfragen durchgeführt, aber die Ergebnisse decken sich weitgehend. Damit gewinnen die Umfragen in der grössten und der zweitgrössten Volkswirtschaft an Glaubwürdigkeit. Die Schweizerische Nationalbank hat aus den PMIs von 27 Ländern einen exportgewichteten PMI konstruiert, um den Konjunkturverlauf in den wichtigsten Exportmärkten der Schweiz zeitnah beurteilen zu können.

Einkaufsmanager-Indizes werden nicht nur für die verarbeitende Industrie, sondern auch für den Dienstleistungssektor erhoben, der mit einem Anteil von rund 60 Prozent am BIP noch wichtiger erscheint als der Industrie-PMI. Aber wenn die Industrie über längere Zeit schwächelt, folgt meistens auch ein Schüttelfrost im Dienstleistungssektor.

In die PMIs gehen mehrere Subindizes ein, angefangen beim Bestellungseingang über die Produktion bis hin zu Lieferfristen, Einkaufs- und Verkaufslager oder die Beschäftigung. Eine Nachprüfung dieser Indizes mit der jeweils um Monate verzögerten Veröffentlichung der Bruttoinlandsprodukt-Zahlen zeigt, dass die PMIs eine der zuverlässigsten Frühindikatoren sind. Sie werden jeweils Anfang jedes Monats publiziert. Für die wichtigsten westlichen Volkswirtschaften erfolgt jedoch meistens rund acht bis zehn Tage vor der Publikation der definitiven Ergebnisse bereits eine vorgezogene Ankündigung, Flash-PMI genannt, die auf noch nicht vollständigen Erhebungen beruht. Für die Schweiz wird kein «Flash» erhoben.

Die jüngsten PMIs sind alarmierend, vor allem für Deutschland. Die Leseart der Indikatoren ist relativ simpel. Ein Wert über 50 auf der Skala 0 bis 100 bedeutet, dass sich eine Volkswirtschaft im Aufschwung befindet, Werte unter 50 deuten auf einen Abschwung hin. Selbstverständlich sind die Werte knapp über oder unter 50 eine Grauzone, denn Umfragen sind keine exakte Naturwissenschaft. Aber wenn Umfragewerte deutlich unter die 50er-Marke fallen, dann ist ein Konjunktureinbruch mehr oder weniger unausweichlich.

Solche Abstürze der Einkaufsmanger-Indizes, beispielsweise in Deutschland, zeigten 2009 (Tiefstwert 32) anlässlich der Finanzkrise und 2020 (Tiefstwert 34,5) im Zuge der Corona-Krise die nachfolgenden massiven Konjunktureinbrüche klar an, obwohl die BIP-Zahlen erst Monate später das Ausmass des Desasters aufdeckten.

Nun stehen die Signale erneut auf Sturm, denn der Einkaufsmanagerindex Juli («Flash») für die deutsche Industrie ist auf bedrohliche 38,8 Punkte abgestürzt. Damit liegt Deutschland in Europa mit grossem Abstand am Schluss der Rangliste.

Aber nicht nur Deutschland, praktisch alle europäischen Länder sind in die rezessive Zone eingemündet, auch die Schweiz.

Etwas weniger dramatisch, aber auch auf Schrumpfkurs, befinden sich die USA und Japan, während sich China noch knapp über Wasser hält. Die steigenden Zinsen wirken sich nun zusehends auf die Realwirtschaft aus, insbesondere auf die Bauwirtschaft.

Der Einbruch der Neubaukredite in Deutschland um 58 Prozent seit März 2022 und der Baubewilligungen um einen Drittel in der gleichen Zeit lassen Schlimmes erahnen.