Für alt Bundesrat Alain Berset (SP) sind die Corona-Leaks mehr als peinlich. Zwischen März 2020 und Mai 2022 herrschte ein reger Mail- und Telefonverkehr zwischen Ringer-Konzernchef Marc Walder und seinem Gesundheitsdepartement; Walder wurde nicht nur regelmässig mit geheimen Informationen versorgt; er stimmte die amtlich gesteuerte Berichterstattung mit den anderen grossen Medienhäusern (Tamedia, SRF, NZZ, CH-Media) ab. Eine vergleichbare Gleichschaltung der Presse gab es seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr. Nur war die (Selbst-)Zensur im Krieg offiziell.

Doch die Bundesanwaltschaft darf die beschlagnahmten verräterischen Mails und Telefonprotokolle im Verfahren gegen Bersets (un)heimliches Propaganda-Netzwerk nicht verwenden. Dies hat das Berner Zwangsmassnahmengericht (ZMG) entschieden – nachdem es zwei Jahre lang über den Fall gebrütet hatte. Das Verfahren dürfte damit eingestellt werden.
Das ZMG hält seinen Entscheid unter Verschluss. Doch handverlesene Journalisten von Tages-Anzeiger und NZZ durften kurz Einsicht in die Begründung nehmen. Gemäss ihrer Darstellung fusst der Geheimentscheid im Wesentlichen auf dem gesetzlich garantierten journalistischen Quellenschutz (Art. 28a StGB, Art. 172 und 264 StPO).

«Das ZMG betont in seinem Urteil die Wichtigkeit der Medienfreiheit für das demokratische Zusammenleben», ist im Tagi zu lesen. Im Wortlaut des Gerichtes: «Das Redaktionsgeheimnis erleichtert den Zugang der Medienschaffenden zu Informationen, welche ihnen erst erlauben, die Wächterfunktion der Medien wahrzunehmen.» Und weiter: Der Quellenschutz diene «der Herstellung von Transparenz in öffentlichen Angelegenheiten».

Ein zwischen Bundesbeamten und Medienbaronen konzertierter Gleichschaltungs- und Propaganda-Feldzug unter dem Titel von «Medienfreiheit», «Wächterfunktion» und «Transparenz»? Man weiss nicht, ob das zum Heulen oder zum Lachen ist. Mehr Zynismus ist fast nicht mehr möglich.

Obwohl Konzernchef Walder mit einer guten Portion Goodwill vielleicht noch dem Journalismus zugerechnet kann – der zweite Hauptakteur, Bersets damaliger Medienchef Peter Lauener, kann sich wohl kaum auf den gesetzlich garantierten journalistischen Quellenschutz berufen. Es geht im konkreten Fall aber auch um Daten, die bei Lauener beschlagnahmt wurden.

Würde diese Auslegung konsequent angewendet, könnte künftig gegen keinen Beamten mehr ermittelt werden, der Amtsgeheimnisse an Medien weiterleitet.

Whistleblower seien gewarnt. Sie sollten sich besser nicht darauf verlassen. Wenn es darum geht, Missstände beim Staat und dessen Beamten aufzudecken, erinnert sich kein Richter mehr an Pressefreiheit, Transparenz und Wächterfunktion. Garantiert.