Die jetzt unterzeichnete EU-Nato-Kooperationsakte krönt ein triumphales Jahr der US-Geopolitik.

Bedanken kann sich der amerikanische Präsident bei seinem russischen Kollegen: Ohne dessen Einmarsch in die Ukraine, ohne das anschliessende Debakel der russischen Armee sähe die Welt heute anders aus. In den europäischen Hauptstädten wäre weiterhin die Rede von strategischer Autonomie, und die europäische Wirtschaft würde weiterhin von billigem russischem Gas befeuert.

Indem Wladimir Putin sein Land erfolgreich zum Paria macht, stehen auch die Westeuropäer im Regen. Jetzt liefern die USA ihr erheblich teureres LNG, die neue Wehrhaftigkeit kostet Hunderte Milliarden Euro, und von strategischer Autonomie wird für lange Zeit keine Rede mehr sein.

Mit dem Kooperationsabkommen wird die als Wirtschafts-Gemeinschaft konzipierte EU endgültig zur Vorfeldorganisation der westlichen Militärallianz – und damit der USA.

Flag follows trade, so lautete schon das Motto der britischen Kolonialherren.

Den Politikern in Washington kommt das mehr als gelegen: Ihr Jahrhundertziel ist die Eindämmung des chinesischen Machtzuwachses. Auch in der multipolaren Welt sollen die USA der stärkste Player bleiben, und zwar mit Abstand. Solange es geht.

Ein Schlüsselelement dieser Strategie sind die eurasischen Brückenköpfe: Europa, Japan, Südkorea. Zwei liegen am Pazifik, nur Europa ist atlantisch fokussiert. Diese einseitige Orientierung aufzubrechen, wird zur Herausforderung der Zukunft.

Die USA brauchen die europäischen Ressourcen – Menschen, Material, Kapital, Know-how – zur Absicherung ihrer globalen Ambitionen. Und die kreisen zunehmend um den Pazifik.

Den Transatlantikern stehen also neue Aufgaben ins Haus. Eigentlich passt schon der Name nicht mehr. Aber Transpazifisten? Man wird sich ein anderes Wort ausdenken.

Das neu erweckte Feindbild in Europa kommt jedenfalls wie gerufen: die Bedrohung aus dem Osten, der böse Wolf, vor dem die kleinen Schweinchen in das feste Ziegelhaus ihres grossen Bruders flüchten.