Feministinnen, Journalistinnen, Nationalrätinnen: Sie gehörten zu den über zwanzig Frauen, die sich fast zwei Jahre lang in einer Gruppe auf Facebook austauschten. Die gemeinsame Mission: Michèle Binswanger, Journalistin beim Tages-Anzeiger, beruflich zu zerstören.

Initiiert wurde die Gruppe von Jolanda Spiess-Hegglin, selbsternannter Kämpferin gegen den Hass im Netz. In dieser Rolle zieht sie durchs Land, hält Vorträge und nimmt an Podien teil.

Doch als bekannt wurde, dass Michèle Binswanger die Zuger Landammannfeier, den landesweit bekannten Fall mit Spiess-Hegglin in einer der Hauptrollen, in einem Buch verarbeiten wollte, mutierte die ehemalige Zuger Kantonsrätin selbst zur Hassaktivistin.

Unter ihrer Führung besprachen die Chat-Mitglieder, wie Binswanger öffentlich unmöglich gemacht werden könnte. Als Ziel gab Spiess-Hegglin vor, die Journalistin müsse danach gezwungen sein, auszuwandern.

Das Chatprotokoll liegt Binswanger nun aber vor. Zusammen mit einem Recherche-Kollektiv hat sie es ausgewertet und macht die wichtigsten Erkenntnisse in einer Serie unter dem Namen «Hate Leaks» öffentlich zugänglich. Heute Montag ist der erste Teil erschienen.

Zum Vorschein kommt ein sorgfältig orchestrierter «Shitstorm» gegen eine einzelne Person. Initiiert und ausgeführt unter anderem von Frauen, die vorgeben, die Opfer solcher Machenschaften zu schützen. Und mit Beteiligung von Medienschaffenden, die ihre Rolle und ihr Netzwerk für diese Mission genutzt haben.

Der Autor dieses Beitrags ist Teil des erwähnten Recherche-Kollektivs.