In seinen «Weltwoche daily»-Podcasts verwendet Roger Köppel, der engagierte Gegenredner gegen den Medien-Mainstream (das heisst alle Medien ausser der Weltwoche), immer wieder schiefe Analogien. Er will damit unter anderem ausdrücken, dass die USA genauso skrupellos Machtpolitik betrieben oder noch betreiben wie die Russen oder die Chinesen.

Ganz schief ist zum Beispiel die regelmässig vorgebrachte rhetorische Frage, wie wohl die USA reagieren würden, wenn in mexikanischen Gewässern vor der Küste der USA chinesische oder russische Flottenverbände kreuzen würden – also genau so wie die Pazifik-Flotte der USA in den Gewässern vor China und Russland.

Welchem demokratisch verfassten Land in der Nachbarschaft der USA würde es wohl einfallen, die Chinesen oder die Russen zum Schutz vor den Machtgelüsten der USA einzuladen?

Höchstens Diktaturen wie Venezuela oder Kuba (wie in den 1960er Jahren bereits gehabt) könnten versucht sein, einen solchen Machtpoker anzuzetteln.

Dagegen fühlen sich im Fernen Osten mehrere demokratische Länder von höchster weltwirtschaftlicher Bedeutung wie Japan, Südkorea und Taiwan völlig berechtigt von den latent aggressiven Ambitionen der chinesischen und russischen Autokratien bedroht und sind heilfroh über die militärische Präsenz der amerikanischen Schutzmacht.

Eine andere Sichtweise, die noch zu begradigen wäre, betrifft die Kritik an der Dominanz der US-amerikanischen Interessen im Verhältnis Europas zu Russland.

Es ist hinlänglich bekannt und wurde von amerikanischen Regierungen auch immer wieder bemängelt, dass es sich die europäischen Wohlfahrtsstaaten nach dem Zerfall der Sowjetunion unter dem militärischen Schutzschirm der USA bequem eingerichtet und ihre Wohlfahrtsstaaten fleissig auf Kosten ihrer Militärbudgets ausgebaut haben – Merkel-Deutschland ganz zuvorderst.

Die Folge ist, dass die Schlagkraft der Nato weitestgehend von den Ressourcen der USA abhängig ist.

Deshalb ist es völlig unangebracht und scheinheilig, sich als Europäer über die dominierende amerikanische Perspektive in der Auseinandersetzung mit Russland zu beklagen, einem Russland, das für die angrenzenden demokratischen Nachbarländer angesichts historischer Erfahrungen und bereits getätigter russischer Annexionen in jüngerer Zeit eine ständige Bedrohung darstellt.