So mancher Fernsehzuschauer stellte sich am Freitagabend wohl grundsätzliche Fragen: Ist dies noch die Eröffnungsfeier eines Sportanlasses? Oder sind wir schon (wieder) beim Eurovision Song Contest gelandet? Schippert gleich Nemo die Seine herunter?

Die olympische Selbstinszenierung der vermeintlichen Grand Nation war nicht nur in ihrer Länge kaum zu ertragen. Auch das verzweifelte Bemühen nach Diversität und Gendervielfalt war härter als zwanzig Fehlerpunkte im Stechen des Springreitwettbewerbs – oder ein Nuller im Weitsprung.

Spätestens als das christliche Abendmahl durch eine Handvoll Drag-Queens dargestellt wurde, war die Antwort klar: Wir sind nicht an Olympia, sondern an einem Warm-up zur Street Parade (oder dem Ausklang zur Zurich Pride).

Es geht bei dieser Einschätzung nicht darum, den olympischen Gedanken schlechtzumachen, aber ist der Kniefall vor dem woken Zeitgeist wirklich bei jeder Gelegenheit nötig?

Wie verklärt sind da die Erinnerungen an vergangene Eröffnungsfeiern – an 1984, als in Los Angeles der Space Man abhob und vielleicht zum letzten Mal «das Land der unbegrenzten Möglichkeiten» beschwor; oder an 1992, als in Barcelona Freddie Mercury und Monsterrat Caballé die Hymne aller Hymnen in die Nacht schmetterten; oder auch an 2014 in Sotschi, als Russland an den Putin-Spielen der Welt seine Hochkultur vor Augen führte.

In Paris war davon nichts zu sehen – auch wenn sich Céline Dion und Lady Gaga alle Mühe gaben.

Vor diesem Hintergrund erhält der Versuch der deutschen Delegation, das Oberdeck des Schiffes zu verlassen und ins Innere zu flüchten, eine neue Aussage: Den deutschen Sportlerinnen und Sportlern war nicht kalt, ihnen muss es vor der diversen Show gefröstelt haben. Dass sie von Sicherheitskräften an ihrem Vorhaben gehindert wurden, ändert an der Quintessenz des Abends nichts: Rette sich, wer kann!