Das britische Magazin The Economist zieht eine düstere Bilanz von der 16-jährigen Amtszeit der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. In seiner Kolumne «Charlemagne» wirft das Blatt Merkel vor, Deutschland und die EU durch eine Politik des «Durchwurstelns ohne Reformen» in einen Abwärtstrend geführt zu haben. Insbesondere wirtschaftlich habe sich Deutschland unter ihrer Führung zu einem «kranken Mann Europas» entwickelt – ein Vorwurf, den The Economist bereits vor 25 Jahren erhoben hatte.

Als Hauptargumente für die Misere werden Merkels defensive Herangehensweise bei der Lösung von Problemen und das Zögern bei wesentlichen Entscheidungen genannt. So habe sie nach der Krim-Annexion durch Russland 2014 weiterhin auf eine Kooperation mit Moskau gesetzt – insbesondere im Bereich der Gaslieferungen. Dies hat laut Economist dazu geführt, dass Deutschland heute ohne russisches Gas seine Wirtschaft nicht aufrechterhalten könne. Auch die Abhängigkeit von Exporten nach China und die fehlende Fähigkeit zur Selbstverteidigung ohne die USA werden kritisiert.

Auf europäischer Ebene habe Merkel durch ihre «Deckung» für Ungarns Premierminister Viktor Orbán dessen antidemokratische Bestrebungen indirekt unterstützt und damit den Zusammenhalt der EU gefährdet. Die Migrationspolitik von 2015 beschreibt der Economist zwar als «moralisch lobenswert», die Willkommenskultur habe allerdings politisch den Aufstieg rechter Parteien befördert.

Merkels Bilanz sei geprägt von einer rigiden Sparpolitik, die einerseits die europäischen Partner belastet und andererseits sich innenpolitisch in Form der Schuldenbremse manifestiert habe. Statt in die Modernisierung der Infrastruktur zu investieren, seien in Deutschland Brücken eingestürzt und das Bahnsystem weiter verfallen. Fazit für den Economist: Wer nach den Ursachen für Europas aktuelle Misere suche, werde unweigerlich auf Angela Merkels Amtszeit stossen.