Noch vor kurzem forderte Gerhard Pfister von seinen Parlamentarierkollegen öffentlich, sie müssten «das Vertrauen in die Institutionen stärken». Nun geht der Mitte-Präsident selber mit voller Wucht auf eine nationale Institution los. Nämlich auf die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel), die aus drei erfahrenen, vertrauenswürdigen National- und drei Ständeräten besteht.
Deren höchst verantwortungsvolle, vom Parlament ihr anvertraute Aufgabe besteht in der Oberaufsicht über den Bundesrat, die Bundesverwaltung und insbesondere über den Staatsschutz und die Nachrichtendienste.
Absolute Geheimhaltung, Loyalität und Integrität zeichnen dieses wichtigste, jedenfalls sicher mächtigste parlamentarische Gremium aus. Doch nun bezichtigte Gerhard Pfister in der NZZ genau diese Geschäftsprüfungsdelegation eines «Leaks»; überhaupt habe die GPDel «höchst unprofessionell» gehandelt. Den Beweis für diese schwere Anschuldigung blieb der Zuger allerdings bislang schuldig.
Die Zeitung Le Temps hatte aus einem Brief der GPDel an den Bundesrat zitiert, der scharfe Kritik am Krisenmanagement des bundesrätlichen Sicherheitsausschusses bei Beginn des Ukraine-Kriegs übte.
GPDel-Präsidentin Maya Graf (Grüne) reagiert jetzt ausgesprochen harsch auf Pfisters unbelegte Unterstellung. Ihre Delegation sei «sicher, dass dieses Leak in der Verwaltung zu suchen ist».
Es gebe, so die basellandschaftliche Ständerätin, «keine Fakten, welche daran zweifeln lassen, dass sich die GPDel in ihrer Tätigkeit an die Prinzipien von Vertraulichkeit und Geheimhaltung hält».
Tatsächlich ist es in der dreissigjährigen Geschichte der Geschäftsprüfungsdelegation noch kein einziges Mal zu einer Indiskretion gekommen. Umso grösser ist der Ärger im Gremium über Gerhard Pfisters Behauptung.
Präsidentin Maya Graf äussert sich so: «Die GPDel hat mit Herrn Nationalrat Pfister Kontakt aufgenommen und die Angelegenheit geklärt.»
Bei Pfister scheint diese Klärung allerdings noch nicht ganz klar. Dieser beharrt vielmehr auf seiner Version: «Das Leak schadet tatsächlich der Glaubwürdigkeit der GPDel. Wenn sie ihre Glaubwürdigkeit erhalten will, muss sie Anzeige wegen Verletzung des Kommissionsgeheimnisses gegen Unbekannt machen», sagt er zur Weltwoche.
Warum aber attackiert Pfister die GPDel?
Mit seinem Angriff habe der Mitte-Präsident möglicherweise versucht, seine Parteikollegin und Bundesrätin Viola Amherd aus dem Schussfeld zu nehmen, heisst es im Bundeshaus. Die Verteidigungsministerin wurde im Brief der Delegation besonders heftig kritisiert, stand doch die Schweiz bei Kriegsausbruch ohne Chef des Nachrichtendienstes da, befand sich also gewissermassen im nachrichtendienstlichen Blindflug.
Auch hat es Amherd sträflicherweise unterlassen, den Armeechef Thomas Süssli zu den Sitzungen des von ihr präsidierten Sicherheitsausschusses beizuziehen – sogar noch nach Ausbruch des Krieges. Ein unvorstellbarer Vorgang, den die GPDel nur noch mit Zynismus kommentieren mochte: «Allem Anschein nach herrscht im Verteidigungsdepartement und im Bundesrat die Meinung vor, dass die Frage des Kriegs in der Ukraine die Armee nicht betrifft.»