Der Kommentar erschien zuerst im christlichen Wochenmagazin Idea. Die Redaktion.

Der Gipfel war noch nicht mal ein Hügel. Wenn der Migrationsgipfel im Kanzleramt überhaupt ein Höhepunkt gewesen sein sollte, dann allenfalls ein Gipfel der Realitätsverweigerung. Pauschal eine Milliarde Euro mehr für die Unterbringung von Flüchtlingen zu überweisen, mildert womöglich hier und dort das Problem, verkennt aber dessen Kern: Es ist die schiere Zahl der Migranten, die Deutschland schon jetzt an die Belastungsgrenze bringt.

Man muss dabei noch nicht einmal Moral und Ethos bemühen, sondern schlicht die Fakten sehen: Deutschland ist in den zurückliegenden Jahren von rund 80 auf etwa 84 Millionen Menschen angewachsen. Wo es keine Wohnungen, zu wenig Lehrer und Kita-Plätze gibt, hilft zusätzliches Geld nicht weiter.

Asylverfahren an den EU-Aussengrenzen wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Längerer Abschiebe-Gewahrsam war bisher tabu, soll jetzt möglich werden. Das ändert aber nichts daran, dass vielen Bundesländern der politische Wille zum Abschieben fehlt und die Logik ganz grundsätzlich nicht trägt, alle Migranten erst aufzunehmen, durchs Asylverfahren zu schleusen und am Ende per Abschiebung die Zahlen reduzieren zu wollen. Und wenn Moldawien – wie jetzt angekündigt – künftig sicheres Herkunftsland wird, passiert messbar gar nichts.

Etwa 17 Prozent der Zuwanderer haben einen sozialversicherungspflichtigen Job (oft einfache Hilfstätigkeiten, die einen Rentenanspruch unterhalb der Grundsicherung begründen), alle anderen wandern ins Sozialsystem ein und werden langfristig die Schieflage der Sozialkassen noch verschärfen.

Mit anderen Worten: Die Zuwanderungszahlen müssen runter. Wer das nicht begreift, ruiniert mittelfristig das Land. Die Humanität Deutschlands ist auch an seine Wirtschaftskraft gekoppelt. Migranten, die lange in Massenunterkünften bleiben müssen, langfristig nicht integrierbar sind, legen die Wurzeln für ein neues Prekariat von morgen. Humanität bedeutet auch, den Migranten eine menschenwürdige Perspektive zu geben, jenseits von Brennpunktbezirken und verlotterten Vorstädten. Vielen ist in ihren Herkunftsregionen besser zu helfen.

Die Akzeptanz von Migration in Deutschland hängt auch davon ab, ob und wie stark sich das Stadtbild ändert, fremde Konflikte (ethnische, Antisemitismus etc.) auf deutschen Strassen ausgetragen werden und mehr wirkliche Fachkräfte statt Sozialhilfeempfänger kommen.

Die Bundesregierung hat das noch immer nicht begriffen. Oder sie will es nicht begreifen.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.