Die Fifa – normalerweise nicht die Instanz mit den grössten moralischen Ansprüchen – hat durchgegriffen und den spanischen Verbandspräsidenten Luis Rubiales für dessen Kus auf den Mund der Weltmeisterin Jennifer Hermoso für neunzig Tage gesperrt. Der Weltverband denkt nun sogar über eine drakonische Strafe nach – eine Suspension von fünfzehn Jahren.

Rubiales droht weiteres Ungemach auf zivilrechtlicher Ebene. Die spanische Staatsanwaltschaft hat eine Voruntersuchung wegen mutmasslicher sexueller Nötigung eingeleitet. Ausserdem wandte sich die Behörde an die Geschädigte und forderte Hermoso auf, «sich innerhalb von fünfzehn Tagen zu melden, um über ihre Rechte als Opfer eines mutmasslichen sexuellen Übergriffs informiert zu werden» und gegebenenfalls «Anzeige zu erstatten».

Doch nicht nur im Fussball sorgt ein Kuss für helle Aufregung – nun kommt es im britischen Pferdesport zur grossen Kontroverse. Allerdings ist in diesem Fall die Frau die küssende Täterin.

Nach dem überraschenden Sieg des irischen Jockeys Sean Kirrane eilt Besitzerin Jolene De’Lemos herbei – und drückt dem Reiter ungefragt und zur allgemeinen Überraschung einen Kuss auf den Mund.

Die Sportwelt fragt sich: Und nun?

Würde gleiches Recht (bzw. Unrecht) gelten, müsste man die Frau sofort aus dem (sportlichen) Verkehr ziehen und als Pferdebesitzerin hinter schwedische Gardinen sperren. Oder gäbe es vielleicht nicht doch noch den Weg des gesunden Menschenverstandes? Und könnte man die Aktion als harmlosen Ausbruch des sportlichen Glücksgefühls sehen?

Vielleicht ist ja tatsächlich alles nur halb so wild. Oder wie es ein Klassiker der amerikanischen Country-Musik ausdrückt: «a kiss is just a kiss».

Apropos Musik. Die amerikanische Sängerin Anastacia sagte zum Thema Küssen einst: «Bevor du deinen Prinz findest, musst du viele Frösche küssen.»