Bei diesem Text handelt es sich um die Erklärung des Vorsitzenden der Unabhängigen Internationalen Kommission zur Untersuchung des Leidens aller Völker in der Region Srebrenica von 1992-1995, Prof. Gideon Greif. Die ausführliche Version finden Sie hier.
Der Bericht unserer Kommission wurde von allen Kommissionsmitgliedern vereinbart, angenommen und unterzeichnet. Das bedeutet, dass der Bericht die kollektive Urheberschaft aller Mitglieder der Kommission hat und nicht die eines Einzelnen, selbst wenn er der Vorsitzende wäre. Ich bin stolz darauf, dass ich die Gelegenheit hatte, mit einer solchen Gruppe von aussergewöhnlichen Menschen und Experten von Weltrang zusammenzuarbeiten.
Während unserer zweijährigen Forschungsarbeit haben wir festgestellt, dass es in der Region Srebrenica während dem Bürgerkrieg in Bosnien und Herzegowina 1992 und 1995 zu zwei grossen Massakern kam. Das erste geschah zwischen April 1992 und April 1993 an der serbischen Bevölkerung, das andere ereignete sich vom 14. bis 16. Juli an der grössten Gruppe gefangener bosnischer Soldaten der aktiven und Reservetruppen der 28. Division der Armee von Bosnien und Herzegowina.
Obwohl der Begriff «Völkermord» weithin bekannt ist, gab es ihn vor der Machtübernahme durch das Naziregime nicht. Winston Churchill bezeichnete 1941 die von den Nazis während des Einmarsches in Russland begangenen Gräueltaten als «ein Verbrechen ohne Namen». Erst 1944 führte der polnisch-jüdische Jurist Raphael Lemkin (1900–1959) den Begriff «Völkermord» in seinem Buch «Axis Rule in Occupied Europe» ein, in dem er die Vernichtung nationaler und ethnischer Gruppen, einschliesslich des Massenmords an den europäischen Juden, dokumentierte. Er kombinierte die Wörter geno, das griechische Wort für Rasse oder Stamm, und cide, das lateinische Wort für Töten.
In ihrer Resolution 96 (I) vom 11. Dezember 1946 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen, dass «Völkermord» ein völkerrechtliches Verbrechen ist, das dem Geist und den Zielen der Vereinten Nationen zuwiderläuft und von der zivilisierten Welt verurteilt wird.
Zwei Jahre später wurde die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von der Generalversammlung der Vereinten Nationen einstimmig ratifiziert und am 9. Dezember 1948 als Resolution 260 von der Generalversammlung angenommen. Die Konvention trat am 12. Januar 1951 in Kraft. Allen teilnehmenden Staaten wird empfohlen, Völkermord im Krieg und in Friedenszeiten zu verhindern und zu bestrafen.
Artikel 2 der Konvention definiert Völkermord wie folgt: «Im Sinne dieser Konvention bedeutet Völkermord jede der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten: (a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; (b) Verursachung eines schweren körperlichen oder psychischen Schadens bei Mitgliedern der Gruppe; (c) Vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen, die die physische Zerstörung der Gruppe im Ganzen oder in Teilen herbeiführen sollen; (d) Verhängung von Massnahmen zur Verhinderung von Geburten innerhalb der Gruppe; (e) Zwangstransfer von Kindern aus der Gruppe in eine andere Gruppe.»
Diesem Artikel zufolge enthält der Völkermord zwei konstituierende Elemente: das physische Element, das heisst die begangene Handlung, und das psychologische Element. Die beiden Elemente sind miteinander verbunden, auch wenn sie analytisch unterschiedlich sind. Die «Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten», ist das wesentliche Merkmal des Völkermordes, das ihn von anderen schweren Verbrechen unterscheidet.
Nach Artikel 4 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) besteht Völkermord in der vorsätzlichen Vernichtung einer «nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe».
Dies war einer der umstrittensten Aspekte der Definition von Völkermord. Kritiker haben sich über den begrenzten Geltungsbereich der Definition sowie den Ausschluss politischer und anderer Gruppen beschwert und eine Änderung vorgeschlagen, um den Geltungsbereich zu erweitern. Oder sie haben argumentiert, dass die Richter eine dynamische Auslegung der Bestimmung annehmen sollten. Als die Staaten jedoch auf der Konferenz von Rom im Juni und Juli 1998 die Gelegenheit hatten, die Definition zu überarbeiten, beschlossen sie, den von der Generalversammlung der Vereinten Nationen rund fünfzig Jahre zuvor angenommenen Text zu bekräftigen.
Wenn man sich die Zahlen ansieht, erscheint es fragwürdig, dass ein erheblicher Teil der muslimischen Bevölkerung Bosniens durch die Tötung von mehreren tausend Männern ausgelöscht wurde. Nach Angaben der «Demographic Unit» des IStGHJ waren schätzungsweise 69,8 Prozent oder 25.609 der im Bosnienkrieg getöteten Zivilisten Muslime (bei 42.501 militärischen Toten), während die Serben 7480 zivile Opfer (15.299 militärische Tote) und die Kroaten 1675 zivile Opfer (7183 militärische Tote) zu beklagen hatten, insgesamt also 104.732 Tote, die sich auf Kroaten (8,5 Prozent), Serben (21,7 Prozent), Muslime (65 Prozent) und andere (4,8 Prozent) verteilten. Im Verlauf des gesamten Krieges in Bosnien wurden 1,32 Prozent der Muslime getötet. In Srebrenica wurden weniger als 0,4 Prozent der muslimischen Bevölkerung getötet. Der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung von Bosnien und Herzegowina ist während des Krieges sogar gestiegen. Sowohl auf serbischer als auch auf muslimischer Seite gab es etwa doppelt so viele militärische Tote wie zivile Tote; auf kroatischer Seite war das Verhältnis noch höher. Dies spricht eindeutig gegen eine Form des Völkermordes, der eine viel höhere Gesamttodesrate und eine viel höhere Zahl getöteter Zivilisten voraussetzen würde.
Die klassischen Völkermorde des 20. Jahrhunderts – jene an den europäischen Juden und den ruandischen Tutsi – zeichnen sich dadurch aus, dass sie darauf bestanden, Frauen und Kinder zu töten, um sicherzustellen, dass die Gruppe tatsächlich vernichtet wird. Die Frage ist jedoch nicht, ob das Massaker an Männern und Jungen im wehrfähigen Alter die Muslime in Srebrenica wirklich vernichtet hat. Der Straftatbestand des Völkermordes setzt kein Ergebnis voraus, und die Gerichte müssen nicht feststellen, ob die tatsächliche Methode gut gewählt war. Wenn die Technik des Völkermords jedoch unvollständig und vielleicht unlogisch ist, wird dies Zweifel daran aufkommen lassen, ob wirklich ein Vorsatz vorlag oder nicht. Die im Juli 1995 in Srebrenica begangenen Gräueltaten können sicherlich als «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» bezeichnet werden. Sie jedoch als «Völkermord» zu bezeichnen, scheint die Definition in unangemessener Weise zu verzerren.
Nach der Bewertung der Fakten im Zusammenhang mit dem Massaker kann eine spezifische Absicht zur Vernichtung der Bevölkerung von Srebrenica als solche nicht festgestellt werden. Eine gezielte Absicht, die gesamte muslimische Bevölkerung zu vernichten, ist nicht zu erkennen. Die Tötung einiger Tausend Kriegsgefangener und einiger Hundert arbeitsfähiger Männer aus der Region Srebrenica hätten der serbischen Führung keinen generellen Vorteil verschafft, da sie davon ausging, dass das Gebiet der Enklave im Zuge der laufenden Friedensverhandlungen an die Republika Srpska angegliedert werden würde. Dies hätte die muslimische Bevölkerung ohnehin daran gehindert, nach Srebrenica zurückzukehren, selbst wenn die wehrfähigen Männer aus der Enklave unversehrt geblieben wären. Die grosse Zahl der Mitglieder der Kolonne aus aktiven und Reservetruppen der 28. Division der Armee von Bosnien und Herzegowina deutet ebenfalls darauf hin, dass viele Kämpfer aus anderen Gebieten als Srebrenica stammten, so dass die Kolonne nicht die Gruppe der wehrfähigen Männer aus Srebrenica darstellt. Es ist auch klar, dass es bis zum 12. Juli 1995 keinen Befehl gab, alle gefangenen Muslime zu töten. Die Kammern des Tribunals sind überzeugt, dass ein solcher Befehl am nächsten Tag gegeben worden sein muss.
Völkermord als solcher kann in Bosnien nicht stattgefunden haben. Da das Verbrechen des Völkermordes seinem Wesen nach die Absicht voraussetzt, zumindest einen wesentlichen Teil einer bestimmten Gruppe zu vernichten, kann Völkermord als solcher nur stattfinden, wenn ein wesentlicher Teil einer bestimmten Gruppe physisch vernichtet wird. Diese Zerstörung muss als objektive Tatsache festgestellt werden. Wie bereits erwähnt, muss ein «wesentlicher Teil» nicht an der Gesamtzahl der Opfer gemessen werden, auch wenn dies immer der erste Test ist, der angewendet wird. Die Ad-hoc-Vernichtung von weniger als 0,4 Prozent der muslimischen Bevölkerung von Bosnien und Herzegowina innerhalb weniger Tage bedeutet nicht, dass ein Völkermord an der gesamten Gruppe stattgefunden hat.
Zum Schluss ein paar Worte zu dem, was ich als eine der wichtigsten Errungenschaften und Auswirkungen der Arbeit der Kommission und der Veröffentlichung unseres Berichts betrachte. Soweit wir, die Mitglieder der Kommission, später feststellen konnten, hat nach der Veröffentlichung unseres Berichts niemand in der Republika Srpska und in Serbien das im Juli 1995 begangene Verbrechen geleugnet. Leider müssen wir feststellen, dass auf der anderen Seite niemand offiziell oder inoffiziell bereit war, die massenhaften und systematischen Verbrechen der muslimischen Armee gegen die serbische Bevölkerung zuzugeben. In diesem Zusammenhang ist es von entscheidender Bedeutung, darauf hinzuweisen, dass einer der grundlegenden zivilisatorischen Werte die Freiheit der akademischen und professionellen Erforschung historischer Ereignisse und die Freiheit des Geistes ist, wie kontrovers und schmerzhaft sie auch sein mögen. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Propaganda immer versucht, eine akademische Überprüfung ihrer medienpolitischen Narrative mit allen Mitteln zu verhindern.
Prof. Dr. Gideon Greif ist israelischer Historiker und Holocaustforscher mit Schwerpunkt Konzentration- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau/ „Sonderkommando“ und Holocaust in Jugoslawien/ Lager Jasenovac
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Der ganze Zirkus ist unerträglich. Ausgerechnet die, die zwei Weltkriege losgetreten und unendlich schandvoll verloren haben, nehmen sich zuvorderst den Mund voll in dem sie dem serbischen Volk völlig zu unrecht ein Genozid andichten wollen. Dem Volk, dass sie zu hunderttausenden in den beiden Kriegen vernichtet haben. Zivilisten wohlverstanden. Inklusive ganze Schulklassen. Alles immer noch heute zu sehen. „Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte“. Max Liebermann
ist doch völlig egal. Wesentlich ist doch, daß organisierte, bewaffnegte ausgebildete Gruppen gegen unterlegene weuk unbewaffnegte, unorganisierte Zivilpersonen losgehen um sie in Massen planvoll zu massakrieren. So wie es jetzt eben im Gaza passiert.