Wie gefestigt ein demokratischer Staat ist, zeigt sich auch daran, wie er mit seinen Kritikern umgeht. Auch fundamentale Kritik an der vorherrschenden Politik müssen gestattet sein – in Friedenszeiten und genauso im Krieg!

Laut einem Bericht des russischen Mediums RT.de wurde der staatskritische Journalist und Blogger Gonzalo Lira an der ungarischen Grenzen beim Versuch, aus dem Land zu fliehen, festgenommen. Die Nachrichtenseite stützt sich dabei auf Aussagen des russisch-amerikanischen Publizisten Mark Sleboda, der zu Lira Kontakt hatte und die Nachricht auf seinem Twitter-Kanal verbreitete.

Der 55-Jährige Lira meldete sich zunächst noch bei seiner Flucht mit den Worten: «Wenn Ihr in den nächsten zwölf Stunden nichts von mir hört, dann bin ich auf dem Weg in ein Arbeitslager! Wünscht mir Glück.»

Aufgrund seiner zuvor immer wieder getätigten Kritik an der ukrainischen Regierung und deren Vorgehen im Krieg wurde er bereits einmal verhaftet und laut eigenen Aussagen in der Haft misshandelt und ausgeraubt. Nun sollte, so machte Lira es öffentlich, eine Verhandlung stattfinden, die für ihn mit fünf bis acht Jahren Gefängnis hätte enden können. Dieser versuchte er sich zu entziehen.

Sollten sich die Vermutungen bewahrheiten und Lira tatsächlich verhaftet worden sein, wird es elementar für ihn sein, wie präsent der Fall in der Öffentlichkeit ist. Eine Google-News-Suche zeigt: Bisher hat kein einziges Leitmedium über den Vorfall berichtet. In einem News-Ticker eines grossen Mediums steht hingegen etwas davon, dass Russland Druck auf Blogger ausübe.

Wer die Entwicklungen der letzten Jahre verfolgt, muss feststellen: Sehr viele Staaten, ob demokratische «Musterstaaten» oder offensichtlich gelenkte Demokratien, haben Probleme mit Fundamentalkritik. Keine gute Entwicklung. Weder für Julian Assange, weder für Lira noch für die Demokratie.

Twitter: https://twitter.com/KlocknerMarcus

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Demnächst erscheint von ihm: «Kriegstüchtig! Mobilmachung an der Heimatfront».