Scharfe Kritik an den seiner Meinung nach falschen Prioritäten der Bundesregierung und der SPD hat der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi geübt. Vor allem die Politik von Bundeskanzler Olaf Scholz rügte der Sozialdemokrat in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur zu seinem 95. Geburtstag.

«Die Priorität müsste sein, uns vor den Folgen des Klimawandels zu schützen», erklärte der elder statesman der Sozialdemokraten. «Stattdessen kaufen wir Panzer für die Ukraine, weil wir nicht geholfen haben, einen Krieg zu verhindern, der verhinderbar war.» Der Klimawandel, nicht Wladimir Putin sei die eigentliche Bedrohung.

Der russische Präsident habe nie die Absicht gehabt, Europa anzugreifen. Er habe nur eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verhindern wollen. «Darüber wollte er verhandeln, aber der Westen war dazu nicht bereit.» Er sieht daher auch eine Mitverantwortung des Westens an dem Krieg.

Putin als «Kriegsverbrecher» zu bezeichnen, lehnte Dohnanyi ab. Auch US-Präsident George W. Bush sei nie als Kriegsverbrecher betrachtet worden, obwohl er einen viel folgenreicheren Krieg im Irak geführt habe. Auch den Haftbefehls gegen Putin bezeichnete er als «unbedacht und unklug». Das würde letztlich bedeuten, dass man nur in Moskau mit Putin verhandeln könne.

Dann zeigte Dohnanyi Verständnis dafür, dass Scholz Putin als «Kriegstreiber» bezeichnet hatte: «Olaf Scholz ist eben in einer sehr schwierigen Lage, weil er im Ukraine-Krieg an die gesamtwestliche Politik denken muss.»

Der SPD, deren Mitglied Dohnanyi seit 1957 ist, wirft er vor, sich zu wenig für den Frieden einzusetzen: «Eine SPD ohne eine erklärte, hörbare und offensive Friedenspolitik ist keine SPD mehr.»