Nur drei Dinge im Leben sind gewiss: der Tod, die Steuern und die Staatstreue des Staatsfernsehens. Wie Züriost berichtet, soll ein Zürcher Lehrer aufgrund seines Sexualkundeunterrichts von «wertkonservativen Eltern» aus seinem Amt gedrängt worden sein. Auch seine Homosexualität soll eine «Gefahr für ihr Weltbild» gewesen sein. Nun versucht SRF in einem Onlinebeitrag, den Empörungssturm zu einem Orkan auszuweiten – mit viel Meinung und wenig Fakten.

Kritische Stimmen nicht erwünscht

«Störfaktor Sexualkunde: Druck der Eltern nimmt zu» lautet die reisserische Überschrift. Mit Zahlen wird die angebliche Zunahme nicht untermauert. «Besonders im Fokus» stehe der Sexualkundeunterricht homosexueller Lehrer. Anwalt dieser These ist lediglich ein schwuler Lehrer, der «merkt», dass er unter Beobachtung der Eltern stehe. Ferner ist die Rede von Eltern, die bereit seien, «Lehrpersonen massiv unter Druck zu setzen» – konkretisiert wird auch diese Leerformel nicht.

Neben erwähntem Lehrer äussern ein Vertreter von Pink Cross und der Präsident des Zürcher Lehrerverbands ihr Bedauern über die elterlichen Einsprachen. Ebendiese Eltern kommen im Beitrag allerdings nicht zu Wort. Das hätte womöglich die redaktionell vorgefertigte Rollenverteilung – hier die sittsamen und progressiven Weltverbesserer, dort die schäumende und rückständige Fundamentalistenmeute – ins Wanken gebracht.

Kein Schulthema erfordert so viel Feingefühl und kann so leicht ins Kompetenzüberschreitende, Indoktrinierende, ja ins Übergriffige kippen. Und zahlreiche Eltern dürften die Erfahrung gemacht haben, dass sich der Sexualkundeunterricht eben nicht auf die Vermittlung grundlegender Kenntnisse beschränkt.

Ideologie statt Biologie

In der Primarschule Zollikon mussten Drittklässler im Englischunterricht jüngst angeben, ob sie «girl», «boy» oder «nonbinary» sind. In der Sekundarschule Höngg mussten Vierzehnjährige «diverse Symbole» den «diversen Gendern» (nicht weniger als sechzig soll es geben) zuweisen, unter anderem «genderqueer», «demiboy», «demigirl», «transgender» und «intergender». Die Einladung zum Gendertag in Stäfa war versehen mit dem Symbol für ein «nonbinäres» Geschlecht. In der Stadt Zürich mussten Schüler einer ersten Sekundarklasse jeden Buchstaben von «LGBTQIA+» in seiner Bedeutung nennen können und ausführen, was «die Schule zum Thema LGBTQIA+ beitragen» könne.

Der letzte Sargnagel für das Vertrauen zahlreicher Eltern in den Sexualkundeunterricht dürfte die 2021 vom Bund herausgegebene Aufklärungsbroschüre «Hey You» gewesen sein. Diese adressiert Jugendliche ab zwölf Jahren und wartet unter anderem mit Ausführungen zu Vibratoren, Anal Plugs und Umschnalldildos inklusive Illustrationen auf.

Erziehung statt Anhörung

Solche befremdenden bis verstörenden Auswüchse werden von SRF in seiner Nibelungentreue zu staatlichen Institutionen nur vornehm weggeschnaubt. Dafür werden Kritiker zu voraufklärerischen Sektierern erklärt und öffentlich geschulmeistert statt angehört. In dieser sozialen Ächtung schwingt durchaus eine Mahnung an die Adresse potenzieller Nachahmer mit. Oder um es mit Voltaire zu sagen: Es ist gefährlich, recht zu haben, wenn die Regierung unrecht hat.