Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj sollte seinen Landsleuten reinen Wein über die Anzahl der gefallenen Soldaten einschenken. Dies erklärte der frühere Generalstaatsanwalt des Landes, Jurij Lutsenko, in einem Interview mit einem ukrainischen TV-Sender. Demnach hat das Land seit Beginn der russischen Invasion bereits eine halbe Million Soldaten verloren. Jeden Monat würden im Schnitt 30.000 weitere Männer getötet oder verwundet.

Die Regierung in Kiew hält Verlustzahlen geheim, um die Moral in der Truppe und der Bevölkerung nicht zu schwächen. Nach Meinung von Lutsenko hingegen hätte Ehrlichkeit den gegenteiligen Effekt. Der Schock über die erschreckenden Zahlen und die Erkenntnis, dass das Überleben des Landes auf dem Spiel stehe, würde wieder Freiwillige in grosser Zahl in die Rekrutierungsbüros treiben wie zu Beginn des Krieges, meinte er.

«Sie sollten sagen, wie viele Ukrainer gestorben sind», erklärte Lutsenko. «Ich weiss, dass diese Nachricht schlecht aufgenommen werden wird, aber es gibt keine andere Möglichkeit, um Millionen von Menschen aus ihrer Komfortzone herauszubekommen.»

Lutsenko schlug ausserdem vor, dass Angehörige der Elite des Landes öffentlichkeitswirksam an die Front gehen sollten. «Die Armee sollte nicht nur aus Arbeitern und Bauern bestehen, jeder sollte für die Ukraine kämpfen.» Das erfordere allein der Gerechtigkeitssinn.

Selenskyj hatte vor kurzem mitgeteilt, dass die Armee weitere 500.000 Kämpfer benötige, und dabei auch Ukrainer ins Auge gefasst, die ins Ausland geflüchtet waren. Kurz darauf war das Einberufungsalter von 27 auf 25 Jahre gesenkt worden.