Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik erging der Auftrag zur Bildung einer Regierung in Österreich nicht an den Obmann der stärksten Partei.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen fasste die Gründe von ÖVP und SPÖ für die Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der FPÖ folgendermassen zusammen:

Sorge um Demokratie, Rechtsstaat und Gewaltenteilung. Mangelnde pro-europäische Haltung. Russland-Politik und Putin-Nähe. Spaltende wie herabwürdigende Sprache. Rückwärtsgewandtes Frauenbild.

Das österreichische Onlinemagazin Exxpress bezeichnete dies als Untergrabung der Demokratie aus Sorge um die Demokratie.

Bei den Boulevardblättern Kronenzeitung und Heute machten Leser und Wähler ihrem Ärger Luft: Wozu gehen wir überhaupt wählen? Es bleibt alles beim Alten. Ein vom Volk nicht gewählter Kanzler spielt Kanzler.

So der Tenor der Empörung unter der österreichischen Bevölkerung.

In die gleiche Kerbe schlagen die freiheitlichen Landeschefs. Koalition der Gescheiterten. Hinterzimmer-Packeleien. Würde ein Bundespräsident Norbert Hofer einem Erstplatzierten von ÖVP oder SPÖ den Auftrag verwehren, wären Massendemonstrationen die Folge.

FPÖ-Chef Herbert Kickl reagierte mit einer Mischung aus Trotz, Gelassenheit und Optimismus. Es sei zwar ein Schlag ins Gesicht von 1,4 Millionen Wählern der Freiheitlichen. Jedoch könne die Durchsetzung des Wählerwillens zwar gebremst und verlangsamt werden, aber nicht verhindert oder gestoppt.

Kickl: «Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Heute ist nicht aller Tage Abend. – Es ist unsere staatspolitische Verantwortung, die Hand weiter ausgestreckt zu halten. Die FPÖ ist bereit. Es liegt nicht an uns.»

Innerhalb der ÖVP übte der Landeshauptmann der Steiermark, Christopher Drexler, Kritik an der Entscheidung von Bundespräsident Van der Bellen. Schliesslich muss Drexler am 24. November seinen Sitz verteidigen. Und liegt in den Umfragen 4 Prozent hinter den Freiheitlichen.