Die Bürger in Deutschland waren in der Corona-Krise einer künstlich durch die Politik erzeugten hohen Risikoeinstufung ausgesetzt – über die Köpfe der Wissenschaft hinweg. Das geht aus aktuellen Ausführungen des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki hervor.

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages fordert nun den Rücktritt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Bild-Zeitung veröffentliche gestern am späten Nachmittag als Aufmacher einen Artikel mit der Überschrift: «RKI-Protokolle enthüllen grossen Pandemie-Skandal: Corona-Entwarnung war ‹politisch nicht gewünscht›».

Wie das Blatt richtig anmerkt: «Es ist ein Vorgang, der die zerstrittene Ampelkoalition an den Rand des Abgrunds führen könnte: Der Vizechef einer Regierungspartei fordert den Minister einer anderen Regierungspartei offen zum Rücktritt auf.»

Doch zu Kubickis Entdeckungen in den Protokollen. Dort ist Folgendes zu lesen: «Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist abhängig von der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) […]. Eine Herabstufung vorher würde möglicherweise als Deeskalations-Signal interpretiert, daher politisch nicht gewünscht.» Ausserdem: «Reduzierung des Risikos von sehr hoch auf hoch wurde vom BMG abgelehnt.» Und schliesslich: «In Hinblick auf das BMG sollte die Herabstufung aus strategischen Gründen zunächst auf hoch und nicht moderat erfolgen.»

Diese Stellen stammen aus Protokollen vom 9. und vom 22. Februar sowie vom 20. April 2022. Und sie haben Sprengkraft.

Daraus wird klar ersichtlich, dass das Bundesgesundheitsministerium sich vor das RKI als wissenschaftliche Institution geschoben und politisch über die Einstufung der Massnahmen entschieden hat. Hier gilt es sich die Brisanz vor Augen zu führen: Es war Winter/Frühjahr 2022. Bürger litten schwer unter der repressiven Massnahmenpolitik. Trotz einer offensichtlich aus wissenschaftlicher Sicht gerechtfertigten Herabstufung des Risikos hielt Lauterbachs Ministerium an der «sehr hohen» Risikoeinstufung fest. Die schwersten Grundrechtseinschränkungen seit dem Bestehen der Republik, nicht gestützt auf Wissenschaft, sondern auf politischen Willen? Danach sieht es aus.

Doch warum dieses Verhalten vonseiten der Politik?

Kubicki geht scharf mit Lauterbach ins Gericht, wirft ihm eine «Lüge» vor und liefert eine Erklärung. Das politische Festhalten an einer hohen Risikobewertung soll dazu gedient haben, Impfdruck aufzubauen. «Drei Monate», so Kubicki, habe es gedauert, bis die Risikobewertung endlich herabgestuft worden sei. Das war im Mai 2022.

Der «Grund», so der FDP-Mann: «Anfang April hatte sich der Deutsche Bundestag zum Glück gegen die allgemeine Impfpflicht entschieden. Obwohl das RKI auf Drängen des BMG den öffentlichen Pandemiedruck künstlich hochgehalten hat, war das Thema jetzt politisch erledigt. Der Kanzler erklärte nun, dass es keinen neuen Anlauf zu einer allgemeinen Impfpflicht geben werde. Lauterbach war gezwungen, die Lüge zu beenden.»

Marcus Klöckner ist Journalist und Autor. Zuletzt von ihm erschienen: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und seine Täter», Rubikon.