Onlinehass abschalten! Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Wohl wahr. Und doch ist schon das Motto der Agentur «So done» fragwürdig. Hass ist eine Emotion und keineswegs strafbar. Ich kenne Leute, die hassen Spinat. Strafbar sind allenfalls Dinge, die aus Hass gesagt oder getan werden: Beleidigungen, üble Nachrede, Verleumdung.
Was derzeit in Deutschland für Schlagzeilen sorgt, sind Agenturen wie «So done» (deutsch: so, erledigt), die nicht nur notorische Pöbler im Netz erledigen, sondern auch die Bereinigung der Plattformen von missliebigen Meinungen im Dienste der Politik vollstrecken. Meinungskampf als Geschäftsmodell.
Sie spüren vermeintliche Hass-Postings auf, scannen geradezu das Netz im Auftrag ihrer Kunden und gehen mit Hilfe kooperierender Anwälte und Kanzleien gegen die vermeintlichen Störenfriede vor. Unterschreiben sie hier. Klage ist raus. Im Falle der unter anderem von zwei FDP-nahen Aktivisten geführten Agentur leihen oder liehen etwa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst oder der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter ihr Gesicht für Werbezwecke und spendeten Zitate, was angesichts der Neutralitätspflicht des Staates zumindest bedenklich ist.
Nun soll an dieser Stelle nichts gegen zivilisierte Umgangsformen in möglichst allen Lebenslagen gesagt sein. Es ist für mich als gebürtigen Ostmenschen aber immer wieder faszinierend, wie sich unter den Bedingungen einer freiheitlichen Gesellschaft gewissermassen auf marktwirtschaftlicher Grundlage Mechanismen entwickeln, die zumindest teilweise die Funktionen autoritärer staatlicher Überwachungsbehörden übernehmen.
Es braucht keine Stasi, die mit Hilfe von Zuträgern und Akten die Bürger im Blick und durch die diffuse Furcht vor Konsequenzen im Griff hält. Es reicht völlig, wenn verbaler Unmut über Politiker («Schwachkopf», «Idiot», «Pisser»…) alsbald mit Post vom Anwalt und der bösen Vorahnung einer übermächtigen Justizmaschinerie quittiert wird. Botschaft: Machtkritik notgedrungen okay, aber in bekömmlicher Wortwahl. Kritik ja, hiess das ehedem im Osten, aber konstruktiv, bitte schön!
Dass sich hinter all dem durchaus auch ein Geschäftsmodell mit Schadensersatzforderungen verbergen kann, sei mal bei beiseitegelassen. Bemerkenswert an dem Vorgang ist, dass sich Politiker ernsthaft herbeilassen, das Volk, «den grossen Lümmel» (Heine), durch Klagen und Anwälte erziehen zu wollen und dabei in aller Unbekümmertheit die rechtstaatlichen Regeln für Reklame in den Wind schiessen. Im Dienste einer guten Sache, selbstverständlich. Motto: Es trifft ja die Richtigen …
Recht, Rechtsstaat und Freiheit haben keine wirkliche Lobby in Deutschland. Und wenn das Volk unangenehm wird und beim Regieren stört, noch nicht einmal bei liberalen Politikern. Und: Es sind vor allem sogenannte alternative Medien, die es in diesen Tagen geschafft haben, die institutionalisierte, je geradezu industrielle und damit einschüchternde Klagewut von Politikern aufzugreifen und zum öffentliche Thema zu machen. In weiten Teilen linksliberalen Parteien zugeneigte Medien, die nicht selten ebenfalls nicht immer ganz stubenreine Empörung auf sich ziehen, sekundieren der Macht eher, als dass sie Spielräume der Machtkritik offenhalten wollen.
Das geschieht dann erst wieder, wenn – was Gott verhüten möge – Konservative zu Regierungsamt und Würden kommen sollten. So läuft das Spiel. «Die Freiheit stirbt zentimeterweise» (Guido Westerwelle).…
Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.
Alles, aber wirklich Alles ist an Habeck weinerlich!!
Den Charakter eines Menschen erkennt man an den Scherzen, die er einem übel nimmt.
Wenn die Kläger jedesmal vor Gericht als Zeugen antreten müßten, hätte sich das Thema erledigt. Habeck z.B. hätte sonst pro Woche 16 Termine quer durch Deutschland.