Die SPD hat sich bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union auch im Wirtschaftsbereich weitgehend durchgesetzt. Insgesamt sind die in den nächsten vier Jahren geplanten Massnahmen zu erbärmlich, um die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Die hochstilisierte Annahme, «Jeder investierte Euro in Infrastruktur lässt das Bruttoinlandsprodukt um fast drei Euro steigen», ist mehr als fraglich, denn vorerst geht es darum, die maroden Verkehrsanlagen, angefangen bei Strassen, Brücken bis zu Eisenbahnlinien oder Schulhäusern, zu reparieren. Daraus entsteht noch kein produktiver Mehrwert. Diese Investitionen verhindern höchstens, dass der Verkehr nicht noch mehr behindert wird.

Auch Rüstungsausgaben führen, abgesehen vom einmaligen Effekt bei der Produktion von Rüstungsgütern, zu keiner nachhaltigen Wachstumsbeschleunigung. Wenn diese Milchbüchlein-Rechnung der Koalition Realität wäre, dann würde es ja ausreichen, jährlich rund 100 Milliarden Euro in die deutsche Infrastruktur zu investieren, und daraus würden jährlich 300 Milliarden zusätzliches BIP geschaffen, was etwa der derzeitigen jährlichen nominellen Zunahme des deutschen BIP entspräche.

Eine Senkung der Unternehmenssteuern in fünf Schritten um je einen Prozentpunkt wird erst am 1. Januar 2028 beginnen. Die Entlastung wird somit frühestens im Wahljahr 2029 wirksam werden. Die Körperschaftsteuer ist nicht die einzige Unternehmensteuer. Sie wird durch die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer auf unternehmerische Einkünfte ergänzt. Der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz wird von 200 auf 280 Prozent erhöht. Die Gemeinden können die Gewerbesteuersätze selbst festlegen, aber gleichzeitig wird der dadurch mögliche Steuerwettbewerb wieder mit Massnahmen gegen Scheinverlegungen von Unternehmensdomizilen unterbunden. An der Mindeststeuer für grosse Konzerne will die Regierung festhalten, und sie unterstützt auch die Einführung einer Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene.

Die Entlastung der Bürger und der Wirtschaft um vier Milliarden Euro durch eine Rücknahme der Mehrwertsteuer im Gastgewerbe ab 1. Januar 2026 auf 7 Prozent und eine Absenkung der Stromsteuer und der Netzwerkentgelte um 11 Milliarden machen bezogen auf das BIP von rund 4400 Milliarden Euro im Jahr 2025 nur rund 0,34 Prozent aus. Werden die eingesparten Mehrwertsteuern nicht an die Konsumenten weitergegeben, verpufft die Steuersenkung. Falls die Gastronomen dadurch mehr Gewinn erwirtschaften, fliesst ein Teil davon wieder in Form von Steuern an den Staat zurück. Bei der Tabaksteuer will die Koalition den geltenden Aufwuchspfad – im Klartext bedeutet dies regelmässige Erhöhungen – über das Jahr 2026 hinaus fortsetzen.

Zu hoffen, man könnte die Wirtschaft mit einer Abschreibungsoffensive in Form einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungs-Investitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 in Fahrt bringen, ist deshalb eine gewagte Annahme, weil erst investiert wird, wenn es sich wieder lohnt. Das gilt auch für den Immobiliensektor. Die Mietpreisbremse bleibt, womit der Anreiz für den privaten Wohnungsbau für die nächsten Jahre bereits wieder im Keim erstickt wird. Der verhinderte private Wohnungsbau soll dann durch eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus kompensiert werden. Das hat man schon in den letzten drei Jahren erfolglos versucht. Auch die Solidaritätsabgabe wird fortgesetzt. Die Mindestlöhne sollen 2026 auf 15 Euro pro Stunde angehoben werden.

Der Staat soll zwar auf Effizienz und Sparsamkeit gedrillt werden. So soll der Verwaltungsaufwand bis 2029 um 10 Prozent, der Personalbestand um 8 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig ist aber wieder eine Aufstockung weiterer Administrationen geplant, so sollen unter anderem weitere Betriebsprüfer zur Eindämmung von Steuerhinterziehung und Inspektoren für die Aufdeckung von Schwarzarbeit eingestellt werden. Auch die angesagten vermehrten Grenzkontrollen werden wohl Zusatzpersonal erfordern. Das Transparenzregister für private Unternehmen soll ausgebaut, digitale Steuererklärungen erzwungen und eine Registrierkassenpflicht eingeführt werden. Von namhaften Einsparungen im Sozialbereich, einer zwingenden Anhebung der Arbeitszeit oder einem Lohnmoratorium war keine Rede, denn solche Massnahmen würden Wählerstimmen kosten.

Praktisch sämtliche Projekte wurden unter Finanzierungsvorbehalt gestellt, aber damit sind nicht zwingend Einsparungen anderenorts gemeint. Bis Ende 2025 soll die Schuldenbremse reformiert werden, was im Klartext nur «Aufweichung» bedeuten kann. Dann kann man die Gegenfinanzierung mit neuen Schulden sicherstellen.