Die Umfragewerte für die FDP lagen Ende 2023 nur noch bei einem der acht grossen Meinungsforschungs-Institute über 5 Prozent.

Bei den letzten Wahlen 2021 eroberte die Partei immerhin noch 11,5 Prozent Wähleranteil. Im Oktober 2023 verpasste die FDP den Einzug in den bayerischen Landtag. In Hessen schaffte sie die 5-Prozent-Hürde nur hauchdünn. Und nun wird es wohl auch bei den nächsten Wahlen auf Bundesebene, die spätestens im Herbst 2025 stattfinden müssen, knapp.

FDP-Finanzminister Lindner wollte offensichtlich nicht allein die Verantwortung für einen Austritt aus der Koalition übernehmen. Er erinnerte sich wohl noch an seinen Abbruch der Koalitionsverhandlungen 2017, mit der Begründung «Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren», der der FDP viele Stimmen kostete. Deshalb startete er, aufgefordert durch einen offenen Brief von 26 Landes- und Kommunalpolitikern, eine Befragung der Parteibasis über einen Verbleib in der Bundesregierung. Rund 52 Prozent der Abstimmenden plädieren für eine Fortsetzung der Regierungsarbeit mit der SPD und den Grünen.

Dieses Abstimmungsergebnis bringt Lindner in eine noch schwierigere Lage, denn nun wird er wohl bis zum bitteren Ende ausharren, auch wenn das Umfrageergebnis für die Parteigremien nicht bindend ist. Damit riskiert er, in die Sippenhaftung der Ampel-Regierung genommen zu werden, die in breiten Bevölkerungskreisen für die schlechte Wirtschaft, die Energieengpässe, die Inflation, die wachsende Kriminalität und die Überforderung der Kommunen im Asylbereich verantwortlich gemacht wird.

Das Renommee der FDP könnte durch Wahlschlappen 2024 noch weiter leiden, vor allem wenn sie bei den Landtagswahlen im September in Sachsen (Umfragewerte seit letzter Wahl von 4,5 auf 5 Prozent angestiegen), Thüringen (von 5,0 auf 4,0 Prozent gefallen) und Brandenburg (von 4,1 auf 3 Prozent gefallen) den Einzug nicht schaffen sollte. In Sachsen und Brandenburg sitzt die FDP schon jetzt nicht im Landtag.

Fast 48 Prozent der antwortenden FDP-Mitglieder sprachen sich für ein Ende der Koalition aus. Damit hat Lindner einen Grossteil seiner eigenen Wähler nicht mehr hinter sich. Vor allem seine Stammwähler aus der mittelständischen Wirtschaft sind mit der Regierung unzufrieden. 84 Prozent nervte unlängst die Debatte um die Haushalt-Finanzierung und die Aussenpolitik. Auch die alle drei Jahre stattfindende Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer zur Wirtschaftspolitik bei mehr als 2200 Unternehmensvertretern unterschiedlicher Industriezweige stellen der Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus, nicht zuletzt deshalb, weil die Probleme hausgemacht seien.

Andere Experten verweisen auf den Absturz Deutschlands bei den jüngsten Pisa-Tests. Die Bildung war früher einer der grössten Pluspunkte des Industriestandortes Deutschland. Der Leidensdruck sei noch zu wenig schmerzhaft. Wenn Unternehmen ihre Tore schliessen oder ihre Produktion ins Ausland verlagern, wird dies kaum wahrgenommen, weil ohnehin ein Mangel an Fachkräften herrscht. Und dort, wo Probleme auftreten, werden diese mit Geld übertüncht. Die Politik hat immer noch nicht kapiert, dass nicht Wahlgeschenke und Umverteilung, sondern Investitionen in die Digitalisierung, in die Bildung und die Infrastruktur oberste Priorität erfordern.

Die FDP spielt sich im Wahlkampf oft als Mittelstands- und Wirtschaftspartei auf, die administrative Hürden abbauen und die Bildung und die Digitalisierung fördern würde. Aber davon verspüren die Wähler kaum etwas, denn im Ampel-Verbund wirkt die FDP zahnlos.

Und nun wurde eine weitere Chance vertan, die Koalition zu sprengen und Neuwahlen zu ermöglichen. Selbst wenn es zu Neuwahlen käme, wird wohl die CDU gewinnen und sich dann mit der SPD zur altbekannten Grossen Koalition zusammenschliessen.

Die FDP wird auch dann überflüssig sein, wenn sie überhaupt noch in den Bundestag einzieht.