Auch Politiker sind Bürger. Das gilt erst recht für Politiker im Ruhestand. Es steht ihnen also frei, sich zu äussern, wie immer sie wollen. Dennoch müssen sie es sich gefallen lassen, dass man ihre Einlassung genauer anschaut. Denn immerhin spricht hier jemand, der einmal politische Verantwortung trug.

Vor diesem Hintergrund sind die Äusserungen der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel bemerkenswert. In einem Gespräch mit dem ZDF machte sie deutlich, dass sie kein Verständnis für AfD-Wähler habe. Die AfD würde sich lediglich auf Kosten von Menschen mit anderen Biografien profilieren. In einer Demokratie könne man Kritik auch anders zum Ausdruck bringen als durch die Wahl einer intoleranten Partei.

Was zunächst auffällt, ist Merkels bemerkenswerte Hilflosigkeit. Denn man kann an der AfD sicher viel kritisieren. Dass sie sich auf Kosten anderer Menschen profiliere, geht aber an der Sache vorbei. Das nämlich machen alle Parteien. Linke profilieren sich auf Kosten der Reichen, Liberale auf Kosten sozial Schwacher und Grüne auf Kosten traditioneller Familien, Häuslebauern und Handwerkern. Das ist nicht schön. Gehört aber zum Geschäftsmodell von Parteien.

Vor allem aber zeigen Merkels Äusserungen eine merkenswerte Ignoranz und Unüberlegtheit, die dann doch überrascht. Denn sie selbst – Angela Merkel – war es ja, die die konservativen Wähler der CDU entfremdete und es diesen unmöglich machte, Kritik im Rahmen des bis dahin traditionellen Parteien-Angebotes zu artikulieren. Die AfD ist nichts anderes als das Produkt der Intoleranz Angela Merkels. Nun, aus dem sicheren Ruhestand, andere Formen der Kritik einzufordern, ist reine Heuchelei.