Kickl ist eindrucksvoll zum Volkskanzler gewählt worden. Mit dem stärksten Ergebnis, welches die Freiheitlichen jemals erzielt haben. Mit beinahe 29 Prozent und 57 Mandaten kann Kickl zu Recht den Anspruch stellen, mit der Bildung einer Regierung beauftragt zu werden. Damit hat Kickl seinen einstigen Mentor Haider und seinen einstigen Chef Strache überflügelt.

Nehammer kann auf zweierlei verweisen. Er hat 6 Prozent Abstand zur SPÖ auf dem dritten Platz und 3 Prozent Abstand zum Ersten. Damit ist er als Parteichef fest im Sattel und wird für die Volkspartei federführend die Koalitionsverhandlungen führen. Zudem hat er eine hauchdünne Mehrheit für eine Koalition mit den Sozialdemokraten. Und auch wenn er eine Dreierkoalition gegen den Wahlsieger zimmert, wird die ÖVP dort den Ton angeben.

Aber bei der taktischen Karte ist Vorsicht geboten. Eine Koalition der Verlierer werden 29 Prozent nicht so leicht hinnehmen. Und die Freiheitlichen sind tief in Wählergruppen vorgedrungen, die Haider und Strache versagt blieben. Der Sprung zur Sperrminorität von 33 Prozent ist für Kickl nicht mehr weit.

Der unglückliche Dritte Babler muss sich die Frage stellen, ob ihn die seidene Schnur aus Wien oder aus dem Burgenland erreicht. Jedenfalls muss es schnell gehen. Die SPÖ braucht einen Obmann, der rasch allfällige Verhandlungen mit Nehammer aufnehmen kann.

Neos und Grüne verweilen in der Position als potenzielle Steigbügelhalter für einen Cordon sanitaire gegen die FPÖ. Eine österreichische Ampel aus SPÖ, Grünen und Pinken käme nur auf knapp 40 Prozent. Sollte Nehammer die taktische Karte ziehen, kann sich wohl Meinl-Reisinger freuen.

Für die Grünen bleibt der Trost, dass sie in fast allen anderen Parteien wie Medien das Sagen haben. Ähnlich wie Hajeks Einschätzung zu den Sozialisten in allen Parteien.

KPÖ und Bierpartei mussten sich nach den Umfragehypes der Realität stellen. Bei Nationalratswahlen ist die Stimme einfach zu wichtig für Experimente.

Die Augen bleiben auf Österreich gerichtet. Wird nach Italien ein Rechtspopulist Regierungschef in einem westlichen Land? Und wie werden Berlin, Brüssel und Paris reagieren?