Im amerikanischen College-Sport sorgte unlängst ein schon fast bizarrer Fall für Schlagzeilen: Zwei Athleten, Iszac Henig und Lia Thomas, die anatomisch und biologisch Männer sind, nahmen an einem Schwimmwettbewerb für Frauen teil. Dass die beiden ihren Konkurrentinnen keine Chance liessen, versteht sich von selbst. Die Geschichte warf so hohe Wellen, dass die US-Schwimmbeauftragte Cynthia Millen aus Protest ihren Rücktritt gab – nach dreissig Jahren als Funktionärin.
Nun hat sich der Engländer Sebastian Coe, der Präsident des Internationalen Leichtathletik-Verbands, mit einer klaren Meinung zu Wort gemeldet. Der von der Queen zum Lord geadelte frühere Weltklasseläufer sieht den Frauensport grundsätzlich in Gefahr und sagt: «Das Geschlecht darf nie die Biologie übertrumpfen.» Seine Tochter habe als Kind sehr wohl gleichaltrige Buben distanziert, aber mit der Pubertät haben sich die Gewichte unwiderruflichen zu den männlichen Athleten hin verschoben. Deshalb ist Coes Forderung klar: Inter- oder transsexuelle Athleten müssen bei den Männern starten.
Damit schaltet er sich auch um die Diskussion der intersexuellen südafrikanischen Mittelstreckenläuferin Caster Semenya ein. Die Olympiasiegerin darf nur noch bei den Frauen starten, wenn sie ihren Testosteronwert auf fünf Nanomol körpereigenes Testosteron pro Liter Blut senkt. Das will Semenya nicht akzeptieren. Deshalb hat sie die Schweiz als Sitz des Internationalen Sportgerichtshofs TAS beim Europäischen Gerichtshof für Menschrechte verklagt. Erhält Caster Semenya recht – und darf als biologischer Mann bei Frauenwettkämpfen starten –, wird dies den Sport in seinen Grundfesten erschüttern.