1968 ist ein historisches Jahr. Die UdSSR schlägt den Prager Frühling nieder. Die USA reiben sich im Vietnamkrieg auf. In Memphis wird Martin Luther King ermordet – und in Melbourne Kylie Minogue geboren.

Und in Zürich wird das erste Mal eine interaktive Jass-Sendung ausgestrahlt – unter dem Namen «Stöck, Wys, Stich». Erfunden und moderiert vom legendären Kurt Felix (im Alter von 27 Jahren). 1972 erhält das Format den heutigen Namen «Samschtig-Jass» und 1975 seinen bekanntesten Moderator: Jürg Randegger. Ebenso denkwürdig: der Telefonjasser. Und der Schiedsrichter Göpf Egg, der mit strengem Schalk über Sieg, Niederlage und die Einhaltung des Reglements wacht.

Ähnlich wichtig wie das Geschehen am Jassteppich ist die Schlusspointe des Cabarets Rotstift am «scharfe Egge». Dabei streiten sich Jürg Randegger, Werner von Aesch und Heinz Lüthi vor der ganzen Nation über ein Jassproblem.

57 Jahre später gibt es den «Samschtig-Jass» noch immer. Gestern wurde er das tausendste Mal ausgestrahlt. Damit ist er die älteste noch «aktive» TV-Unterhaltungsshow.

Aber weshalb ausgerechnet der «Samschtig-Jass», dieses simple Format, das von einer einzigen Kameraeinstellung lebt und aus einem Spiel besteht, das zwar absolut zeitlos, aber fern des heutigen Zeitgeists ist? Und politisch völlig unkorrekt: Im Jassen sticht der König die Dame. Und am meisten Punkte gibt es für den Trumpf-Buur. Die genderneutralen Karten bleiben in der Schublade. Aber genau danach scheinen sich die Zuschauer zu sehnen. Normalität!

Der Erfolg der Sendung liegt auch in ihrer Kompaktheit. Drei Jassrunden, drei Spieler am Tisch, einer am Telefon, dreissig Minuten Sendezeit. Und immer die gleiche Melodie.

Was geschehen kann, wenn man eine Sendung unnötig in die Länge zieht, wird am Samstagabend – ausgerechnet anlässlich der taudendsten Ausgabe – ersichtlich.

Plötzlich fallen sich zwei Modertoren ins Wort, sechzehn Jasser und ganz viele Showacts rauben die Übersicht. Und wer schon mal gejasst hat, weiss: Das Spiel wird nicht besser, wenn es zweieinhalb Stunden statt dreissig Minuten dauert.

Dennoch hat der «Samschtig-Jass» auch an diesem Abend seinen Charme bewahrt. Dies ist allerdings weniger Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter zu verdanken. Sie wirkte bei ihrer Gratulation ähnlich hüftsteif wie bei ihrer Neujahransprache drei Tage davor.

Es ist die frische von Francine Jordi, die sich über ihre Karten ärgert – und der ständig plappernde Reto Scherrer, der die strengen Blicke der Schiedsrichterin auf sich zieht. Noch besser ist Peach Weber. Am Jasstisch schwächelte er zwar, doch mit seinen Sprüchen sticht er punktgenau – und beweist: Er ist noch immer der lustigste Aargauer der Welt. Und er wäre eigentlich prädestiniert, den «scharfen Eggen» in eine neue Dimension zu führen. Für mindestens tausend weitere Sendungen.