Wolgograd bleibt Wolgograd. Die Rückbenennung in Stalingrad achtzig Jahre nach der Kapitulation der deutschen 6. Armee war ein PR-Coup – oder war es auch ein Testballon?

Noch am Jahrestag selbst, dem 2. Februar, liess der Präsidenten-Sprecher verlauten, 67 Prozent der Einwohner seien gegen die Umbenennung. Darin steckt ein Wink an die Kreml-Falken: Die Mehrheit der Russen will nicht zurück ins 20. Jahrhundert.

Zugleich weiss der russische Präsident die Mehrheit hinter sich, wenn es gegen vermeintliche Gefahren aus dem Westen geht. In seiner Festrede macht er keinen Unterschied zwischen dem Feldzug der «europäischen Vasallen und Kollaborateure Nazideutschlands» und der «Aggression des kollektiven Westens». Erneut schaffe «die Ideologie des Nationalsozialismus – schon in ihrer modernen Gestalt, ihrer modernen Ausprägung» – direkte Bedrohungen für die Sicherheit Russlands.

Es ist Geschichtsauslegung mit dem Vorschlaghammer, doch sie wirkt beim heimischen Publikum, genauso wie der Hinweis auf die deutschen Panzer, die – «unglaublich, aber Tatsache» – wieder einmal Russland auf dem Boden der Ukraine bekämpften.

Putins Rede gipfelt in einer Botschaft, gerichtet an alle, die «auch Deutschland» in einen neuen Krieg mit Russland hineinziehen und diesen «unverantwortlich als vollendete Tatsache» erklärten – ein Seitenhieb in Richtung Annalena Baerbock.

«Wir schicken unsere Panzer nicht an ihre Grenzen», raunt der Präsident, «aber wir haben etwas, womit wir antworten können, und das wird nicht mit dem Einsatz gepanzerter Fahrzeuge enden.»

Heisse Luft und leere Drohung? Man frage das seine Landsleute.

Der Schriftsteller Viktor Jerofejew vor wenigen Tagen: «Ich schliesse überhaupt nicht aus, dass bei ungünstigen militärischen Umständen der in die Ecke gedrängte Anführer die Atombombe über Kiew abwerfen und den Westen in eine sehr missliche Lage bringen könnte.»