Am 18. Juni 2023 stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Einführung einer OECD-Mindeststeuer für grosse Unternehmen ab.
Einmal mehr greift das Ausland in unsere Steuerhoheit ein. Stimmen wir nicht zu, dann wird die Schweiz einen Teil ihrer Steuergelder ans Ausland verlieren. Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Amerikaner die von ihr dominierte OECD dazu missbrauchen, ihr Recht und ihre Steuerpolitik auf den Rest der Welt auszudehnen.
Während die meisten anderen Länder auf Druck der USA einen automatischen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten vereinbaren mussten, sind die USA nicht bereit, Gegenrecht zu gewähren. Im Gegenteil, sie hegen und pflegen ihre eigenen Steuerhinterziehungsoasen.
Im März 2009 hat die OECD unter dem früheren mexikanische Finanzminister Angel Gurría hinter dem Rücken der Schweizer Delegation unser Land sogar auf eine schwarze Liste gesetzt, um uns als Land mit unfairen Steuerpraktiken zu brandmarken. Zum Dank dafür darf die Schweiz mit 2,1 Prozent überdurchschnittlich viel zum OECD-Budget beisteuern, mehr als das bevölkerungsreichste Land Europas, die Türkei (1,9 Prozent), mehr als Belgien, Polen, Schweden oder Österreich. Die Schweiz ist der dreizehntgrösste Beitragszahler. Am meisten steuern mit 19,1 Prozent die USA bei, weshalb die OECD auch nach der Pfeife der Amerikaner tanzen muss.
Aber wie steht es denn um die Steuerehrlichkeit und das Verständnis eines fairen Steuersystems der OECD-Beamten? Wenn man sich das 461-seitige Salär- und Spesenreglement, aber auch die Jahresrechnung 2021 der OECD zu Gemüte führt, dann stellt man vorerst einmal viele Privilegien für die 3300 Beschäftigten fest, wie sechs Wochen Ferien, über Weihnachten eine zusätzliche Woche Betriebsferien, bezahlte Krankenkasse auch für ihre Familie, Aufwandfinanzierungen für Umzüge und Neueinrichtung von Wohnungen, Abgangs-Entschädigungen für Mitarbeitende mit weniger als zehn Jahren OECD-Tätigkeit, happige Pensionsleistungen für die übrigen etc.
Die fünf Spitzenverdiener, inklusive Generalsekretär Cormann, kassierten 2021 ein Salär von 1,8 Millionen Euro. Dazu kommen aber jeweils noch Abgangs-Entschädigungen an ausscheidende Kaderleute. Im Jahr 2021 waren dies 294.000 Euro, im Jahr zuvor 112.000 Euro. Offiziell soll der Generalsekretär im Jahr 2020 ein Salär von 232.626 Euro bezogen haben, sein Stellvertreter 205.116 Euro. Der Durchschnitt aus der Salärsumme 2021 für die Top fünf liegt allerdings bei 360.000 Euro. Der Unterschied erklärt sich wohl mit Spesen und anderen Goodies.
Das grösste Privileg besteht aber darin, dass die Löhne der OECD-Belegschaft in Frankreich und in praktisch allen Herkunftsländern der Beamten nicht besteuert werden. In Frankreich wurde der Spitzensteuersatz für Einkommen ab etwa 150.000 Euro vor einigen Jahren auf 45 Prozent erhöht. Auf Einkommensteile über 250.000 Euro für Einzelpersonen oder 500.000 für Ehepaare kommt eine Zusatzsteuer von 3 Prozent, ab 500.000 beziehungsweise einer Million Euro von 4 Prozent hinzu. Normalos in Frankreich müssten somit fast das Doppelte verdienen wie die OECD-Beamten, damit ihnen der gleiche Nettolohn übrigbleibt.
Nun wissen wir es also, was Steuergerechtigkeit nach OECD-Lesart bedeutet: Ihr, das Volk, bezahlt, wir, die Beamten, kassieren, ohne Steuern zu bezahlen. OECD-Beamten stellen sich auf den Standpunkt, die Steuerbefreiung sei durch ein Abkommen mit dem Staat Frankreich legitimiert. Dennoch habe ich es gewagt, einen hohen Spitzenfunktionär aus dem Steuerbereich der OECD auf diese Unfairness gegenüber der steuerzahlenden Bevölkerung anzusprechen. Seine Ausrede war, dass es viel zu kompliziert wäre, die Steuerausscheidungen für alle Beamten mit ihren Herkunftsländern vorzunehmen. Ich empfinde meine eigene Steuererklärung auch als kompliziert, muss aber dennoch Steuern bezahlen.