Zensur, schwarze Listen, Sperrung von Konten, Einflussnahme durch Geheimdienste  – das war Usus beim weltgrössten Kurznachrichtendienst Twitter, bevor Elon Musk den Laden übernahm.

Die Twitter-Files haben diese Missstände zutage gebracht. Medien weit über die USA hinaus haben drüber berichtet.

Nicht SRF.

Man beobachte und werde «das Thema voraussichtlich zur gegebenen Zeit aufnehmen», liess sich Michael Bolliger, stellvertretender Chefredaktor Audio, kurz vor Weihnachten auf Anfrage der Weltwoche vernehmen.

Nun scheint die Zeit gekommen zu sein. Allerdings nicht für eine ernsthafte Recherche. SRF äussert sich in paar dürren Zeilen. Versteckt in einem Link zur vernichtenden Bilanz über Elon Musks 100 Tage als Twitter-Chef.

Über die «sogenannten Twitter Files» steht dort:

«Das sind E-Mails, die belegen sollen, dass rechtskonservative Stimmen in der Vergangenheit bei Twitter unterdrückt worden seien.»

Mit dieser Formulierung zieht SRF die Relevanz der Recherche in Zweifel. Das ist nicht nur unredlich, sondern inhaltlich falsch.

Die Twitter-Files belegen anhand zahlreicher Beispiele, dass bei der ehemaligen Twitter-Leitung politische Manipulation und Zensur stattgefunden hat, insbesondere während der Corona-Pandemie – und dies oft auf Betreiben von Nachrichtendiensten, wie CIA und FBI, von Seiten der US-Regierung sowie von Impfstoff-Hersteller Pfizer. 

 SRF schreibt weiter:

«Musk hat die E-Mails den Medien zugespielt. Die Twitter-Files zeigen zwar, wie von politischer Seite versucht wurde, Einfluss zu nehmen auf Twitter und wie schwer sich Twitter zum Teil tat, Inhalte zu zensurieren oder Konten zu sperren. Da es sich jedoch um eine Selektion von Musk handelt, kann dies nicht als Beleg einer einseitigen Haltung von Twitter dienen.» 

Damit zieht SRF die gesamte Recherche und die involvierten Journalisten in Zweifel. Ohne Belege zu präsentieren, will man dem Publikum weismachen, es handle sich bei den Twitter-Files um eine von Musk orchestrierte Aktion.

Die Realität sieht so aus:

Die von Musk für die Recherchen engagierten Journalisten sind alles andere als «rechtskonservative» Stimmen. Matt Taibbi hatte lange im linken «Rolling Stone Magazine» publiziert. Michael Schellenberger, ein bekennendes Mitglied der Demokraten, unterstützt den linken Gouverneur von Kalifornien. Bari Weiss, ehemals New York Times, hat sich einen Namen als unabhängige Rechercheurin erkämpft und zählt zu den renommiertesten Journalisten der USA.

Weiss stellte klar, dass die einzige Bedingung, der sie und ihr Reportageteam zustimmten, darin bestand, dass das Material zuerst auf Twitter veröffentlicht wird.

Eine Vorselektion hat es in der Tat gegeben. Und zwar seitens von James «Jim» Baker, dem ehemaligen Chefjuristen bei Twitter und früheren Generalanwalt des FBI.

Statt Inhalte zu dokumentieren, statt das zahlende Publikum in die Lage zu versetzen, selbst ein Urteil zu fällen, tut SRF die Manipulationen bei Twitter als Lärm um nichts ab.

Just in jenen Tagen, da die Zwangsgebühren-Rechnung wieder ins Haus flattert, bestimmen die Spin Doctors vom Leutschenbach in einer Pose der Überheblichkeit, was ihr Publikum für relevant zu halten hat.