Wer sich über die Frontlage in der Ukraine informieren will, sollte Berichte über den Gaza-Krieg studieren. Je ausführlicher über den Nahen Osten berichtet wird, desto schlechter die Lage für die ukrainischen Truppen. Das nennt man Ablenkungsmanöver.

Nach dieser Regel muss es sehr schlimm um die Ukraine stehen. Sogar die Bild-Zeitung hat ihre Sondermeldungen eingestellt, wenn mal ein «Russenpanzer» abgeschossen wird.

Nun hat Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj selbst die desaströse Situation bestätigt, als er über Gebietsabtretungen an Russland philosophierte. Ausserdem erwog er, zu Friedensgesprächen vielleicht diesmal doch auch den Gegner einzuladen.

Selenskyj liess sich freilich eine Hintertür offen. Nicht er und nicht das Parlament dürften beschliessen, dass etwa die Krim russisch bleibt. Territoriale Zugeständnisse könnten nur die Ukrainer selbst in einer Volksabstimmung genehmigen.

Doch was grossherzig tönt, ist sein verzweifelter Versuch, die eigene Haut zu retten. Er war es schliesslich, der apodiktisch Gespräche mit Wladimir Putin ausgeschlossen, die totale Rückeroberung aller besetzten Gebiete versprochen hatte. Nun, da er einer Niederlage ins Auge blickt, soll gefälligst das Volk die Verantwortung übernehmen.

Die Rechnung wird nicht aufgehen. Dieser Krieg ist Selenskyjs Krieg, so oder so. Die «Mitfahrgelegenheit» in ein westliches Exil, die er am ersten Kriegstag vollmundig ausschlug, wird er über kurz oder lang nun wohl doch brauchen.