Und täglich grüsst das kommunistische Murmeltier!

Dass man in der Linkspartei den Traum vom «demokratischen Sozialismus» noch immer träumt, verwundet nicht. Dass dieser Tage nun auch Grünen-Chefin Ricarda Lang (29) den kuschelig-kollektivistischen Traum vom Gemeinschaftseigentum an Produktionsmitteln von Kalle Marx wieder aus grünen Mottenkiste holte, wäre ebenfalls nicht weiter bemerkenswert, wäre diese Utopie nicht schon so oft und so hinreichend krachend gescheitert, dass es selbst bei jugendlichen Jüngern der Sonnenblume angekommen sein könnte.

Es brauche auch eine andere Logik, so Lang dieser Tage auf dem Kongress der Grünen Jugend. «Die Logik, dass nicht nur ein Einzelner, derjenige, der es besitzt, Profit erwirtschaftet, sondern dass es unglaublich viele Menschen gemeinsam tun, die dann auch gemeinsam Verantwortung dafür übernehmen.» Unternehmen müssten dem Zweck dienen, zu dem sie gegründet wurden, und nicht nur dem Zweck, Gewinne zu machen.

Generation Ahnungslos und wie sie sich die Welt wünscht. Ein wenig frustrierend ist es aber doch, dass 33 Jahre nach dem Ende des realen Sozialismus die Chefin der Grünen noch hinter den Kenntnisstand des grossen Lenin («Bereichert euch!») zurückfällt, der die Triebkraft des Gewinnemachens schon Anfang der 1920er Jahre als Quelle des Wohlstands für die junge Sowjetrepublik erkannte. Er lebte freilich nicht mehr lange genug, um das historisch erste Experiment mit profitorientiertem Sozialismus (siehe China) in die Tat umzusetzen.

Und auch kollektive Verantwortung ist eine Illusion. Offenbar wächst das gesellschaftspolitische Unwissen schneller nach als der kollektive Erkenntniszuwachs. Man kann Frau Lang nur viel Glück wünschen beim nächsten Anlauf zum VEB (Volkseigener Betrieb) Deutschland. Als ehedem DDR-Betroffener würde ich allerdings darum bitten, diesmal den nächsten Testlauf anderswo zu unternehmen. Mein Bedarf ist gedeckt.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.