Eine Partei zerlegt sich selbst.

Sie nennen sich «Union» und sind nichts weniger als einig: Nachdem CDU-Chef Friedrich Merz im Sommer-Interview des ZDF die schlichte Normalität beschrieben hatte, dass auf kommunaler Ebene auch mit Politikern der AfD zusammengearbeitet wird, (t)witterten am Sonntag zahlreiche «Parteifreunde» die Chance, den ungeliebten Fritze endlich wegzuschiessen, und nahmen den Boss unter Feuer.

Ein bizarres Schauspiel brach sich Bahn: Berlins Regierender CDU-Bürgermeister distanzierte sich, Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) ging auf Merz los, Generalsekretär Carsten Linnemann verteidigte ihn.

Aus Nordrhein-Westfalen hiess es, Merz sei «braun hinter den Ohren», NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bekräftigte, dass es keinerlei Zusammenarbeit auf gar keiner Ebene geben dürfe, obwohl alle Parteien in den Kommunen mit den vermeintlichen Schmuddelkindern von der AfD kooperieren müssen, wenn Ortsumgehungen oder Kitas gebaut werden müssen.

Die Wahrheit ist: Das Anti-Merz-Lager sieht in der reinen Brandmauer-Lehre die Chance, Merz endgültig zu beseitigen. Egal, dass man der im Umfrage-Keller hockenden Ampel-Regierung mit diesem Sommertheater eine fröhliche Entlastung bietet, die eigenen Werte der Union nach unten schickt.

Am Ende dürften die Werte der Union weiter nach unten rauschen, woran selbstverständlich Merz mit seinem unklaren AfD-Kurs schuld und der Beweis erbracht wäre, dass er es nicht kann und die Alt-Merkelisten übernehmen müssen.

Nun rudert Merz zurück, er habe alles nicht so gemeint, und macht sich gänzlich zum Wackeldackel der internen Heckenschützen. Die haben in diesem Testlauf gleich noch die beruhigende Erfahrung gemacht, dass Merz ganz offensichtlich keine eigenen Truppen hat, die sich vor ihn stellen.

So dürfte dieser Sommer der langen Messer nicht wirklich gemütlich werden für den Oppositionsführer.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen. Sein neues Buch «Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens» erscheint im Herbst und kann schon jetzt vorbestellt werden.