Als ich Mitte März zehn Tage in Kiew verbrachte, wurde in den Vororten noch gekämpft. Das Leben im Zentrum der 3-Millionen-Stadt war trotzdem fast normal.
Irgendwie hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, dass Putin Kiew zwar erobern, aber nicht in Grund und Boden bomben wollte.
Die Stimmung war fast euphorisch, weil es gelungen war, einen russischen Blitzsieg zu verhindern. Und weil viele Ukrainer ihre Familien im Westen in Sicherheit wussten und sich herumgesprochen hatte, dass sie dort gut aufgenommen worden waren.
Die Zurückgebliebenen gingen fest davon aus, dass ihre Familien bald wieder zurückkehren würden.
Wer in Deutschland die Möglichkeit hatte, Ukrainer aufzunehmen, tat es. Auch meine Familie nahm eine ukrainische Familie mit einem schwer kranken Kind auf. Es war eine Selbstverständlichkeit.
Dass der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, unsere Willkommenskultur gegenüber seinen Landsleuten trotzdem schroff kritisierte, ist nicht überraschend. Der Mann führt sich fast jeden Tag wie ein betrunkener Elefant im Porzellanladen auf.
Der Zug, in dem ich schliesslich von Kiew nach Polen zurückfuhr, war mit Flüchtlingen überfüllt. Ich fragte mehrere, ob sie planten, nach Kriegsende in die Ukraine zurückzukehren.
Die Antwort lautete immer «Ja» und die Begründung stets: «weil wir unsere Heimat lieben».
Die meisten werden tatsächlich zurückkehren – wenn ihnen bei uns nicht gerade das grosse Glück über den Weg läuft.
Ausnahmen bestätigen die Regel.
Nach meinen Erfahrungen, kommen die meisten Flüchtlinge aus einer Art gesellschaftlichen Mittelstands, der nicht nur jung und gut ausgebildet ist, sondern sich eine stabile Existenz in der Urkaine aufgebaut hat. Dazu kommt natürlich die, in Deutschland verpönte. Liebe zur Heimat, die man keinem verübeln kann. Es wäre fatal für die Ukraine, sollten diese nicht zurück kehren und beim Aufbau eines zukünftigen EU Mitglieds mitwirken.