Manchmal fühle ich mich wie in einem Wunschkonzert. Die Berichterstattung in unseren Breitengraden über den Krieg in der Ukraine. Ein Sieg von Putin kommt für unsere Medien gar nicht in Frage, darum steht immer die «mehr motivierte» Ukraine kurz vor dem endgültigen Durchbruch über den Satan im Kreml.
Ich werde mich jetzt nicht unter die offensichtlich bestens informierten Expertinnen mischen und mit moralischen Argumenten die am stärksten munitionierte Atommacht dieses Planeten entwaffnen wollen. Ich denke, für uns auf unserer kleinen Insel des Wohlstandes sind ohnehin die Folgen dieses Krieges wichtiger denn die moralischen Komponenten des Kriegsausgangs.
Was passiert, wenn Russland diesen Krieg gewinnt? Es ändert sich für uns nicht viel.
Möglich, dass der Satan im Kreml den nächsten Abspringer der sowjetischen Grossmachtträume angreift. Ich denke, dies müsste für uns die kleinste Sorge sein. Denn viel grösser als jetzt wird diese Gefahr auch nicht werden.
Die grössten Gefahren für uns bleiben so oder so das Ende unserer gewohnten Lebensumstände, die sich durch die Klimaänderungen ergeben, sowie die unfassbare Dummheit unsere demokratisch gewählten Politiker, die glauben, mit immer mehr frisch gedrucktem Geld den sozialen Frieden auf der Erde retten zu können.
Und was passiert mit uns, wenn Putin denn Krieg verliert?
Es wäre das Ende von Putin! Es tut mir leid, dass ich jetzt die Freudentänze und den trunkenen Jubel des Mainstreams beenden muss. Ein solches Ende von Putin würde selbstverständlich auch bedeuten, dass ein unkontrollierbares Ringen um die 6000 atomaren Sprengköpfe Russlands einsetzen würde. Ja, auch Putin haben wir es zu verdanken, dass in den gut zwanzig Jahren seiner Diktatur die mörderischen Bomben in ihren Silos blieben. Russland ist neben China das am schwierigsten zu regierende Land der Welt.
Russland ist so gross und verkehrsmässig so miserabel entwickelt, dass es nicht auszuschliessen ist, wenn dreissig Jahre nach dem Zerfall des Kommunismus es immer noch abgelegene Ortschaften gibt, in denen immer noch der kommunistische Parteibonze der Sowjets herrscht!
6000 atomare Sprengköpfe, um die sich die unberechenbaren und ganz, ganz anders informierten Hitzköpfe zwischen Tschetschenien und Sibirien balgen würden, 150 Millionen Russen, die diesem absehbaren Inferno entfliehen möchten, ich bin überzeugt, sogar die Moral unserer idiotischen Moralisten müsste an diesem Problem zerbrechen, wenn die Völkerwanderungen der Sehnsucht endgültig zu einem Sturm auf unsere Schuldenwirtschaft werden.
Nein, dieses Szenario möchte ich unseren Kindern ersparen.
Da ist mir Putins Sieg über den Komiker von Kiew doch noch ein bisschen lieber.
Nach den vielen Kriegen, die die Amis im Nachgang zum 2. Weltkrieg angezettelt haben, und ihre ewige Einmischung in die inneren Angelegenheiten von anderen Staaten, halte ich die USA für das grösste Hindernis auf dem Weg zu einem Weltfrieden. Aber freiwillig wird sich der militärisch-industrielle Komplex - oder wie Sie's auch immer ausdrücken mögen - nicht zurückziehen. Die Aussichten stehen jedenfalls schlecht.
Atomwaffen in der Hand von lokalen Regimen, z. B. eines nach dem Zusammenbruch der Zentralregierung neu errichteten islamischen Kalifats: Eher ungünstig für Menschenrechte, Freiheit und Weltfrieden …
Selbst hochrangige Militärs der bombenfreundlichsten Demokratieverbreitungsmacht USA haben eingeräumt, dass sie gegen die technologisch weit überlegene, russische Nukleartriade keine Abwehr haben. So ist das langsam vergammelnde Nato-Angriffsbündnis zur Zeit in Schach gehalten. Seine Absetzbewegung vom ukrainischen Stellvertreterkriegs-Vasallen nimmt langsam Fahrt auf. Für all das bin ich dem verteufelten Dämon Putin kritisch dankbar.